: Fortbildung nach Maß
Flexibel Lernen via Smartphone, Computer oder Tablet: Die Möglichkeiten, sich digital weiterzubilden, sind vielfältig. Die Bedeutung individuell zugeschnittener Qualifizierungen nimmt dabei zu. Einen Überblick verschafft der Weiterbildungstag 2016
von Christine Berger
Know-how ist alles, wenn man einen guten Job haben will. E-Learning, Online-Studiengänge oder auch Qualifizierungen mittels YouTube-Videos sind zwar nur einige von unzähligen Bausteinen, die heute das Lernen via Computer oder Smartphone ermöglichen. Das Angebot ist vielfältig, aber auch unübersichtlich. Der Deutsche Weiterbildungstag bietet die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen. So viele Veranstalter wie in diesem Jahr gab es noch nie: 21 Verbände, Institutionen und Unternehmen der Weiterbildungsbranche bieten morgen rund 500 Veranstaltungen in ganz Deutschland zum Thema „Weiterbildung 4.0 – fit für die digitale Welt“.
Bildung wird persönlich
Chancen für die digitale Qualifikation in der Hauptstadtregion werden etwa mittels der Weiterbildungsdatenbank Berlin aufgezeigt. Hier vertretene Weiterbildungsanbieter, Hochschuleinrichtungen und Unternehmen präsentieren an drei Standorten, dem Campus Charlottenburg – TU Berlin, dem Technologiezentrum Adlershof sowie am Campus Wilhelminenhof der HTW Berlin, ein umfangreiches Programm von Kurzvorträgen und Einzelaktionen. Lernhäppchen zu Methoden und Inhalten der beruflichen Qualifizierung zeigen zudem konkret, welches Potenzial die digitale Weiterbildung hat.
Dass dabei die Individualisierung der Weiterbildung immer wichtiger wird, betont auch Beate Hörr. „Wir erleben eine unglaubliche Ausdifferenzierung der Zielgruppen des lebenslangen Lernens und eine damit einhergehende Diversifizierung der Strukturen“, so die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) e. V. und Leiterin des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Es wird immer unterschiedlicher, was Berufstätige wollen, was sie mitbringen und wie demzufolge unsere Angebote aussehen müssen.“
Für eine maßgeschneiderte Fortbildung jedes Einzelnen eignen sich digitale Formate besonders. Wer zu Hause sein digitales Lernpaket auspackt und loslegt, muss allerdings auch erst mal wissen, wie man damit umgeht. Lernstrategien, Urteilsvermögen, fachliche Unterstützung von und Kooperation mit anderen sind essenziell für den Erfolg des Online-Paukens. Mit dem Modellprojekt Porta, einem sogenannten Blended-Learning-Kurs, zeigt etwa das FrauenComputerZentrumBerlin e. V. (FCZB) am Campus Charlottenburg, wie man vor Ort und online extrem flexibel lernen kann.
Bei der Auftaktveranstaltung in der Berliner Akademie der Künste präsentieren die Veranstalter des Deutschen Weiterbildungstages auch ihre politischen Forderungen zum Thema „Weiterbildung 4.0“. So wird unter anderem ein umfassendes europäisches Programm zur Digitalisierung der Erwachsenen- und Weiterbildung gefordert, das allen Bewohnern dieselben Chancen einräumt, wenn es um das berufliche Fortkommen geht.
Auch die Nachweisbarkeit bei digitalen Lernarrangements soll verbessert werden, also eine Beurteilung der erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse sowie deren Anerkennung durch Zertifikate. Ein weiteres Anliegen ist der Branche ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Angebot für Geringqualifizierte und Menschen aus bildungsbenachteiligten Schichten. Flüchtlingen soll die digitale Vernetzung den Spracherwerb erleichtern, hierzu müsse ein Förderkonzept her, fordern die Veranstalter des Deutschen Weiterbildungstages.
Reallabor am 29. 9. an der TU Berlin, im Technologiezentrum Adlershof und am Campus Wilhelminenhof der HTW.
Die Aktivitäten der Aussteller und die einzelnen Programmpunkte können über weiterbildungstag2016.wdb-berlin.de verfolgt werden.
Konkrete Angebote lassen sich in der Weiterbildungsdatenbank Berlin finden: www.wdb.de
Mit der Initiative „Grand Coalition for Digital Jobs“ fördert die EU-Kommission seit 2013 die digitale Erwachsenenbildung in Europa: ec.europa.eu/digital-single-market/en/grand-coalition-digital-jobs
Eine europäische Aufgabe
Dass Günther Oettinger, EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft, die Schirmherrschaft für den Deutschen Weiterbildungstag 2016 übernommen hat, kann als Zeichen gedeutet werden, dass die EU-Verantwortlichen das Thema ernst nehmen. Oettinger hat bereits mehrfach betont, dass das Thema Qualifizierung für ihn auf Platz 1 der digitalen Agenda gehört. Und mit der EU-Initiative „Grand Coalition for Digital Jobs“ verfolgt die EU-Kommission seit 2013 das Ziel, die Rolle der Erwachsenenbildung in Europa und die digitalen Fertigkeiten der EU-Bürger zu stärken. Das hat natürlich einen Grund: Den vielen Arbeitssuchenden in der EU, besonders im Süden Europas, steht ein riesiger Arbeitsmarkt gegenüber, der Jobs im IT- und Kommunikationsbereich bereithält, die nicht besetzt werden können, weil das Personal dafür nicht aufzutreiben ist.
Bis zum Jahr 2020 soll die Zahl der Stellen, für die sich in diesem Segment keine passenden Bewerber finden lassen, auf bis zu 825.000 steigen, so die Prognose der EU-Kommission. Zeit, den Rechner anzustellen und sich fit zu machen für die Zukunft. Der Weiterbildungstag 2016 zeigt, wie es am besten geht.
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