nebensachen aus johannesburg
: Häusliche Seligkeit mit Polenta statt Pap

Sie sind aus dem Alltag in Südafrika nicht wegzudenken: Die Millionen der schwarzen Hausangestellten, die Generationen von Weißen großgezogen haben. Fast umsonst, denn die Bezahlung war stets ein Hungerlohn. Und das Hausmädchen, die Maid, hat bei der hohen Arbeitslosigkeit keine Wahl. Ausbeutung gehörte bisher traditionell zum Job.

Sie versorgen die Kinder der Familien, schrubben die Böden der weißen Madams und sinken abends in ihrem winzigen Raum im Gartenhaus des Grundstücks erschöpft ins Bett. Bei Kaffeekränzchen sind die Angestellten ein beliebtes Lästerthema: „Anna hat schon das dritte Bügeleisen kleingekriegt“, klagt Nachbarin Marikije Pinto über ihre Haushaltshilfe. „Und deine Maid?“, fragt sie. Wer keine Angestellte hat, wird ungläubig befragt: „Wie machst du das?“ Bei den billigen Arbeitskräften in Südafrika befremdet der Gedanke daran, die Hausarbeit selbst zu erledigen.

Inzwischen gibt es klare Beziehungen zwischen der weißen Hausherrin und der schwarzen, meist ungelernten Hilfe. Seit knapp zwei Jahren haben sie per Gesetz ein Recht auf einen Mindestlohn von rund 100 Euro im Monat. Es bestehen Verträge zwischen beiden Parteien, Überstunden werden vergütet und ein Prozent des Lohns wird in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Urlaubsvereinbarungen sorgen dafür, das auch die Angestellten Weihnachten mit ihren Familien verbringen können. Aber nicht immer ist die schwarze Hausangestellte so selbstbewusst, ihre Rechte einzufordern, und nicht immer wird der Mindestlohn bezahlt.

Aber manchmal wird auch mehr gezahlt, und die Gespräche mit Freunden und Nachbarn drehen sich jetzt häufiger um Investitionen in die Ausbildung ihrer Angestellten. Wenn sie den ständigen Personalwechsel leid sind, schicken viele die Haushaltshilfe zum Trainingskurs. „Domestic Bliss“ (Häusliche Seligkeit) ist eine private Organisation, die Kurse anbietet, die über alles aufklären: Rechte, HIV und Aids, Haushaltsführung und Kommunikation mit dem Arbeitgeber. „Ein fettiges Huhn mit Pap (Maisbrei) ist nicht nach unserem Geschmack“, sagt Marikije. Also wird die Angestellte Anna im zarten Alter von 58 Jahren noch in die Künste der italienischen Küche eingeweiht. Sie soll auch mehr Verantwortung übernehmen.

Das ist allerdings schwierig, denn viele ältere Angestellte ebenso wie ganz junge aus armen, ländlichen Haushalten können weder lesen noch schreiben. Das Arbeitsministerium unterstützt in einem Pilotprojekt die Ausbildungen der ungelernten Kräfte, und so besitzen die ersten 3.500 ehemaligen „Maids“, im Post-Apartheid-Südafrika politisch korrekt „domestic worker“ genannt, ein Zertifikat.

Vorurteile halten sich dennoch zäh, und die Erfahrungen der Helfer sind vielschichtig: Angehörige der schwarzen Oberschicht, die sich eine Angestellte leisten, werden nun häufig als die neuen Ausbeuter bezeichnet. Die alten, rassistischen, weißen Bosse, die sich mit „Master“ und „Baas“ anreden lassen und ihre Angestellten nicht selten vergewaltigten, sind dagegen seltener geworden. Populär wird gerade der schwarze Hausmann. Leon Muller, der weiße Nachbar ein paar Häuser weiter, schwört auf seinen „Boy“: Moffat kommt aus Malawi. „Die sind scharf auf Arbeit und stark.“ Also kann Moffat gleich den im südafrikanischen Haushalt üblichen Job des Gärtners mit übernehmen. Moffat hat auch ein Händchen für die Küche. Leon hat schon sechs Kochkurse bezahlt – und ist fast zufrieden. „Aber danach ist die Küche dreckig“, klagt er. „Das haben sie noch nicht so raus“, so die typische Verallgemeinerung. Denn Südafrikaner klagen gern über ihre Angestellten, aber ohne sie leben? Unmöglich.

MARTINA SCHWIKOWSKI