Und damit wird es wieder keine Frau

UN Der Sicherheitsrat nominiert den Portugiesen Guterres für den Posten des Generalsekretärs

António Guterrez Foto: dpa

GENF taz | Der frühere UN-Hochkommisar für Flüchtlinge und vormalige portugiesische Ministerpräsident António Guterres wird zum 1. Januar 2017 neuer Generalsekretär der Vereinten Nationen. Das haben die 15 Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates am Donnerstag in überraschender Einstimmigkeit beschlossen. Der 67-jährige Guterres hatte zwar schon bei allen sechs geheim und anonym durchgeführten Probeabstimmungen im Sicherheitsrat die meisten Stimmen unter den insgesamt sechs Frauen und vier Männern erhalten, die zur Wahl standen. Er galt daher als Favorit.

Doch bis einschließlich zur 5. Probeabstimmung am Mittwoch vergangener Woche gab immer eines der fünf ständigen, vetoberechtigten Mitglieder eine Nein-Stimme zu Guterres ab. Nach Informationen der taz handelte es sich dabei um Russland. Präsident Wladimir Putin, so hieß es, bestehe darauf, einen Bewerber aus der Regionalgruppe Osteuropa zu küren, die nach 1945 noch nie einen Generalsekretär gestellt hat. Erst bei der 6. Probeabstimmung am Mittwoch machte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin auf der Abstimmungskarte mit den zehn BewerberInnen hinter dem Namen Guterres sein Kreuz bei „Enthaltung“.

Für das Einschwenken Moskaus auf Guterres gab es zunächst keine Erklärung seitens russischer Diplomaten. Spekuliert wird in UN-Kreisen, dass die Regierung angesichts all der massiven Spannungen mit dem Westen über Syrien und die Ukraine ein Zeichen der Einigkeit setzen wollte. Für diese Vermutung spricht die demonstrative Art und Weise, wie Botschafter Tschurkin, der am Samstag für einen Monat die Präsidentschaft des Sicherheitsrates übernommen hatte, diese Einigkeit der Öffentlichkeit präsentierte: Tschurkin marschierte mit allen 14 Botschafterkollegen vor den Kameras und Mikrofonen der Journalisten in der New Yorker UN-Zentrale auf.

Demonstrativ stellte er sich direkt neben US-Botschafterin Samantha Power, mit der er sich in den letzten zwei Wochen heftige Wortgefechte zum Syrienkonflikt geliefert hatte, und erklärte: „Nach unserer sechsten Probeabstimmung haben wir heute einen klaren Favoriten, und sein Name ist António Guterres.“ Power stimmte zu mit den Worten: „Am Ende gab es einen Kandidaten, dessen Erfahrung, Vision und Vielseitigkeit auf einer Reihe von Feldern überzeugend waren, und das Ganze war erstaunlich friedfertig und unumstritten.“

Einigkeit zwischen den fünf Vetomächten des Sicherheitsrates bestand aber auch in der Ablehnung der drei wegen ihrer internationalen Erfahrung und ihrer Herkunft profiliertesten Bewerberinnen. Gegen die bulgarische Generaldirektorin der UNESCO in Paris, Irina Bokowa, votierten bei der 6. Probeabstimmung zwei Vetomächte mit Nein, ebenso wie gegen die bulgarische EU-Kommissarin und frühere Weltbankpräsidentin, Kristalina Georgiewa, die erst vor zwei Wochen ins Rennen eingestiegen war.

Gegen die Direktorin des UN-Entwicklungsprogramms, Helen Clark, die sich in ihrer Zeit als neuseeländische Regierungschefin stark für die Abschaffung aller Atomwaffen engagiert hatte, votierten alle drei westlichen Veto- und Atomwaffenmächte mit Nein.

Die erneute Nichtberücksichtigung von Frauen seit 1945 wird möglicherweise dazu führen, dass die Generalversammlung die Wahl des Sicherheitsrats für Guterres nicht wie üblich im Konsens abnicken wird, sondern dass einige Staaten mit Nein stimmen oder sich enthalten werden. Andreas Zumach