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heute in hamburg„Gewaltvolle Repression“

Zugriff Das Internet bietet auch Autokraten neue Möglichkeiten, die Bevölkerung auszuspionieren

Anita Gohdes

30, lehrt internationale Beziehungen an der Uni Zürich und ­ist Beraterin für die Human Rights Data Analysis Group.

taz: Frau Gohdes, wie kann das Internet zur Waffe werden?

Anita Gohdes: Das Internet stellt eine Reihe von Möglichkeiten für Oppositionsgruppen dar, sich gegen repressive Herrscher zu wehren. Auf der anderen Seite bietet es auch Möglichkeiten für Diktatoren oder Autokraten, die Bevölkerung auszuspionieren, Informationen zu manipulieren und in kritischen Momenten den Informationsfluss auszustellen.

Welche Repressionen treffen Aktivisten über das Netz?

Die gewaltvolle Repression hat sich gar nicht so verändert. Dissidenten werden immer noch festgenommen, gefoltert, verschleppt, umgebracht. Aber das Internet bietet Autokraten Möglichkeiten, an die Leute zu kommen und sie zu identifizieren. Wenn ich die E-Mails von jemandem lese oder einen Tracker in seinem Handy habe, dann habe ich ganz neue Möglichkeiten, die Person zu verfolgen.

Sind das nicht Überwachungsmechanismen, denen wir auch in demokratischen Ländern ausgesetzt sind?

Teilweise sind das die gleichen Möglichkeiten und teilweise ist es die gleiche Software. Aber zum Teil geht es auch weiter: Wenn etwa nicht-demokratische Regime Software benutzen, um rauszufinden, welche Informationen Leute austauschen und diese Informationen dann als Beweis nutzen, um jemanden zum Tode zu verurteilen.

Entspinnt sich ein Kampf um das Internet und die Frage: Wer hat die besseren Hacker?

Einerseits benötigt Hacking viel Wissen, andererseits sind das häufig auch ganz einfache Methoden. Es geht nicht immer darum, wer die qualifiziertesten Leute hat. In den frühen Zügen des syrischen Konflikts wurden Leute festgenommen und gefoltert, bis sie ihre Facebook-Passwörter preisgegeben haben.

Was will man damit?

Zum Beispiel beweisen: Du hast mit Leuten über die Regierung geredet und ihr wollt zusammen einen Putsch planen. Oder herausfinden: Wer geht zu verbotenen Demonstrationen? Für viele Leute, die kein Telefon haben, ist Facebook ja ein Weg, ihr gesamtes soziales Leben zu organisieren. Wenn man darauf Zugriff hat, weiß man ziemlich genau, was ein Mensch vorhat.Interview: ksch

Diskussion „Das Internet im Kriegsarsenal moderner Diktatoren“ mit Politikwissenschaftlerin Anita Gohdes, Internetaktivist Stephan Urbach, Völkerrechtler Robin Geiß, Wenzel Michalski von Human Rights Watch und dem Journalisten Stephan Detjen: 19 Uhr, Körberforum, Kehrwieder 12; Eintritt frei, Anmeldung erwünscht

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