OFF-KINO

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Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Mit einem Schlüsselwerk seines Schaffens eröffnet am Sonntag eine Retrospektive mit Filmen des französischen Regisseurs Philippe Garrel im Arsenal: „L’enfant secret“ (1979/82) steht an der Nahtstelle zwischen den experimentellen frühen Filmen und seinen späteren narrativen Filmen, deren Themen und Ästhetik jedoch genau hier anknüpfen. Wie in fast allen seinen Filmen geht es auch in „L’enfant secret“ um die Beziehungen zwischen Mann und Frau, beziehungsweise um die traurige Unmöglichkeit, eine tragfähige gemeinsame Basis zum Zusammenleben zu finden. Drogensucht, Psychiatrie und Elektroschocks sind dabei autobiografische Themen, die Garrel nicht zuletzt in den Jahren seiner Beziehung zur Sängerin Nico erlebt hatte (OmU, 2. 10., 19 Uhr, Arsenal 1).

In einem für ihn typischen spätexpressionistischen Stil verfilmte Orson Welles 1962 in Frankreich Franz Kafkas „Der Prozeß“ mit Starbesetzung: Die Rolle des Angeklagten Josef K., der keine Ahnung hat, was man ihm eigentlich zur Last legt, verkörpert Anthony Perkins; Welles selbst ist als verschlagener Rechtsanwalt zu sehen, Romy Schneider als dessen undurchsichtige „Pflegerin“. Die Hauptrolle allerdings spielt einmal mehr eigentlich die Kamera: Weitwinkelobjektive und Untersicht bewirken in ihren perspektivischen Verzerrungen das Gefühl der Klaustrophobie, und in den tiefenscharfen Einstellungen eines – tatsächlich im Bahnhof von Orsay gedrehten – albtraumhaften Großraumbüros verliert sich das von einer mysteriösen Macht bedrängte Individuum, das nicht versteht, wie ihm geschieht(3. 10., 20 Uhr, Brotfabrik-Kino).

Ein Punkrocker auf den Spuren des Protestolks: Rodrigo Gonzalez, seines Zeichens Bassist bei Die Ärzte, begibt sich in der Dokumentation „El viaje“(R.: Nahuel Lopez) auf eine musikalische Erkundungstour in seine alte Heimat Chile, die er 1974 als 6-Jähriger in der Folge des Militärputsches von General Pinochet in Richtung Hamburg verlassen hatte. Die große musikalische Protestkultur Chiles gehörte in seiner Jugend als Sohn von Exilanten zum Alltag; jetzt versucht Gonzalez, das Vermächtnis dieser Kultur in der aktuellen Pop- und Rockszene des Landes auszumachen. Er trifft auf eine bunte und vielfältige Szene, in der die Traditionen modern interpretiert werden: Singer-Songwriter-Folk, Punk und Latinorhythmen sind keine Gegensätze, sondern befruchten sich mit großer Selbstverständlichkeit. Eine sehr sympathische Reisedoku, ein schöner Trip zu den Wurzeln eines deutschen Punkmusikers (29. 9.–4. 10., 13.15 Uhr, B-Ware! Ladenkino).