Das Genie des jeweiligen Architekten

Tagung Am Dienstag ging es im Bauhaus-Archiv unter dem Motto „Noch mehr Museum“ um anstehende Museumsneubauten

Kaum ein Dorf, das nicht heute auch sein Museum haben will. Das Museum ist zur zentralen Bauaufgabe der Gesellschaft geworden. Zu den Gründen würden Theoretiker wohl die Rolle des Museums als Sinnstiftungsinstitution anführen. „Noch mehr Museum“ lautete also der Titel der Tagung im Bauhaus-Archiv, wo am Dienstag die Praktiker, also die Architekten selbst zu Wort kamen.

Anlass war die bevorstehende Erweiterung des Berliner Bauhaus-Archivs aus Anlass des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Bauhauses 2019. Auch die Bauhaus-Stätten in Dessau und Weimar werden zum Jubiläum mit neuen Museumsbauten aufwarten.

Am Beginn der Tagung sollte Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs, noch einmal die Notwendigkeit von „noch mehr Museum“ betonen: Es gäbe neue Funktionen (etwa Museumspädagogik und Museumsshopping), höhere Besucherzahlen und einen allgemeinen Sanierungsstau.

Im Folgenden ging es dann vor allem um das Wie der allerorten anstehenden Bauaufgabe Museum. Etwa in Frankfurt am Main, wo Arno Lederer dem Historischen Museum der Stadt einen Neubau dazugesellte. Lederers neuer Ergänzungsbau, ein schlichter Kasten mit zweigeteiltem Spitzdach, versucht es mit einer Art drittem Weg zwischen Rekonstruktion und Moderne, ohne auf die eigene „Weltanschauung“ zu verzichten.

Im Falle der Mannheimer Kunsthalle hingegen hat Deutschlands größtes Architekturbüro gmp (Gerkan, Marg und Partner) einen erst in den 80ern errichteten Museumsbau durch einen Neubau ersetzt, wie Nikolaus Goetze von gmp berichtete. Eine radikale Antwort auf die wichtige Frage, wie das Museum sich in die Stadt integriert. Anders und bescheidener löste Architekt Thomas Pulver das Problem beim Ethnografischen Museum in Genf, wo sein innerstädtischer Erweiterungsbau fast gänzlich in der Erde verschwindet.

Volker Staab, 2015 Wettbewerbssieger zur Erweiterung des Bauhaus-Archivs, hatte eine ähnliche Idee: Sein unterirdischer Entwurfs lässt allerdings einen offenen Hof in der Mitte zu. Bisher überstrahlte der zusätzliche gläserne Turm als architektonisches „Zeichen“ ­Staabs interessante städtebauliche Interpretation des existierenden Museumsbaus von Walter Gropius als Anlage in parkartigem Gelände. Daher hält Staabs unter der Grasnarbe liegende Erweiterung auch Abstand zum städtischen Kontext.

Anders in Dessau und Weimar. Über ihren Museumsneubau in Weimar berichtete Heike Hamada im Hinblick auf seine Sichtbarkeit. Das neue Bauhaus-Museum muss es ja gegen das nahegelegene, zur Nazizeit errichtete Gauforum aufnehmen. Es bedurfte also einer neuen und anderen Monumentalität, die Hanada bei ihrer Museumskiste mittels einer geschlossenen, aber grafisch-flirrenden Fassadengestaltung erreichen möchte.

Auch für Dessau plant das Büro Gonzalez Hinz Zabala aus Barcelona eine Kiste. Der Bau wird einen Teil des Stadtparks besetzen, weshalb die Spanier ihren Bau aufständern, um den Raum darunter für Aktivitäten verschiedenster Art zu gewinnen. Der Entwurf versucht also zwischen geschlossenen Museumsbau und offenem Stadtraum zu versöhnen.

Fazit auch der noch folgenden Beispiele aus Basel (Christ & Gantenbein), München (Sauerbruch Hutton) und Neuruppin (Jörg Springer): Es gibt beim Museumsbau kein Patentrezept, es kommt auf den Kontext an. Womit es dann am ehesten wohl am Genie des jeweiligen Architekten liegt, ob die Sache gelingen kann – oder auch nicht.

Ronald Berg