Deutsche Bank ist nur noch „Peanuts“ wert

Geld Commerzbank steht vor Stellenabbau, Hiobsbotschaften für den Branchenprimus

Stützt der Bund hier? Banktower in Frankfurt Foto: dpa

BERLIN taz | Wirtschaftlich ein Riese, in der Finanzbranche ein Zwerg – so sehen Analysten weltweit derzeit Deutschland und seine Banken. Und fordern deshalb seit Langem ein aktiveres Eingreifen der Bundesregierung im Finanzsektor. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rang sich auch am Dienstag trotz düsterer Nachrichten über die beiden größten Geldhäuser des Landes nicht zu Hilfszusagen durch. Natürlich wünsche sich die Bundesregierung, „dass alle Unternehmen, auch wenn es temporäre Schwierigkeiten gibt, eine gute Entwicklung nehmen“, sagte die Bundeskanzlerin. Weiter wollte sie das Thema nicht kommentieren.

Da war gerade bekannt geworden, dass bei der Commerzbank, die sich zu 15 Prozent in Besitz des Bundes befindet, wohl 9.000 der insgesamt gut 50.000 Mitarbeiter gehen sollen. Laut einem Strategiepapier plant der Vorstand den Abbau der Stellen bis 2020, es werde wohl auch betriebsbedingte Kündigungen geben, schreibt das Handelsblatt. Am Freitag soll der Aufsichtsrat über die Kürzungen entscheiden.

Miese Stimmung auch beim Branchenprimus. Die Aktien der Deutschen Bank brachen am Dienstag den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordtief ein: Am Nachmittag kostete eine Aktie nur noch 10,18 Euro – etwa ein Drittel des Wertes von vor einem Jahr, als John Cryan sein Amt als neuer Chef antrat. Bereits am Montag hatte es Spekulationen gegeben, dass Cryan im Bundeskanzleramt seine Fühler nach Staatshilfen ausgestreckt hatte. Diese hatte Merkel jedoch „kategorisch“ ausgeschlossen.

Die Deutsche Bank ist derzeit an der Börse nicht mal 16 Mil­liar­den Euro wert. „Peanuts“ im Vergleich zu US-Großbanken, gefährlich wenig auch im Vergleich zu den 12 Milliarden Euro, die das US-Justizministerium als Strafe für unsaubere Geschäfte auf dem US-Immobilienmarkt von der Deutschen Bank fordert.

Das Institut geht zwar davon aus, die Summe im Verhandlungspoker drücken zu können. Doch viele Investoren zweifeln an der Widerstandsfähigkeit der Frankfurter insgesamt – und verkaufen Deutsche Bank-Aktien. Der US-Hypothekenstreit ist nur eines von fast 8.000 Verfahren gegen die Bank, die dafür nur 5,5 Milliarden Euro zurückgelegt hat. Hinzu kommt, dass die Deutsche Bank derzeit wegen niedriger Zinsen und Umbau kaum Geld verdient, die Kapitaldecke ohnehin vergleichsweise dünn ist.

Mit ihren rund 100.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von knapp zwei Billionen Euro steht die Deutsche Bank auf der Liste jener 30 Großinstitute, die von Aufsehern als weltweit systemrelevant eingestuft werden. Sie hätte also das Zeug dazu, das gesamte Finanzsystem und damit die Weltwirtschaft ins Wanken zu bringen. Deshalb rechnen Insider damit, dass der Bund wahrscheinlich auch gegen die EU-Regularien eingreifen würde, wenn die Bank wankt.

Die Aktien der Deutschen Bank brachen am Dienstag auf ein Rekordtief ein

Für Pieter Krahnen, Bankenprofessor an der Universität Frankfurt, ist klar: „Wenn es keine Industriepolitik gibt, die den Finanzsektor steuert, wird die Branche noch viel schneller und dramatischer schrumpfen als ohnehin schon“.

Kai Schöneberg