Vielfalt schafft Möglichkeiten

Orientierung In Berlin bieten 145 Freie Schulen die unterschiedlichsten Wege, um die Schullaufbahn zu meistern. Eltern entscheiden häufig mit dem Bauchgefühl, welche Schule zu ihrem Kind passt

Am 18. September, dem diesjährigen Tag der Freien Schulen, steht das soziale Miteinander im Mittelpunkt. Dem gemeinsamen Lernen wird an Schulen in freier Trägerschaft häufig besonderes viel Augenmerk geschenkt. Das fängt im Morgenkreis an, wo Schüler sich über Ereignisse des Tages austauschen oder Erlebnisse am Wochenende Thema sind. Ethikunterricht, Klassenleiterstunden oder Teamarbeit fördern die soziale Kompetenz und sorgen für Gemeinschaftsgefühl.

Der Tag der Freien Schulen, der seit 2003 unter einem jährlich wechselnden Motto stattfindet, soll dazu beitragen, die einzelnen Träger der Berliner Schullandschaft sichtbarer zu machen und über die Schwerpunkte und Konzepte der jeweiligen Bildungsträger zu informieren. Eine kleine Broschüre stellt unter anderem alle am Tag der freien Schulen teilnehmenden Einrichtungen vor. Erhältlich ist die Broschüre unter anderem auf dem sogenannten Bildungsmarkt der Freien Schulen am Rande des Weltkindertagsfests auf dem Potsdamer Platz. Des Weiteren öffnen Freie Schulen ihre Häuser und bieten Besuchern Einblicke in ihre Arbeit. Eine gute Gelegenheit zu zeigen, wie die jeweilige Schule das Motto „Fürs Leben lernen“ im Schulalltag umsetzt.

Weitere Informationen unter www.freie-schulen-berlin.de/aktivitaeten/tag-der-freien-schulen

Katholisch oder evangelisch, englischer Schwerpunkt oder Waldorfpädagogik, Bio-Catering oder selbst gekochtes Essen: Schulen bieten nicht nur in Berlin die unterschiedlichsten Konzepte und Schwerpunkte an. 145 Schulen in freier Trägerschaft konkurrieren um das aufgeweckte Kind. Größte Träger in Berlin ist, wer hatte das gedacht, die katholische Kirche mit 21 Schulen, gleich dahinter folgt die evangelische Kirche, die allerdings mit konfessionell gebundenen Vereinsschulen sogar auf 23 Bildungseinrichtungen kommt. Neben den religiösen Trägern sind Waldorfschulen schon seit vielen Jahren am Markt. Von ihnen gibt es zehn in Berlin. Auch Montessori-Schulen, die nach der italienischen Pädagogin Maria Montessori arbeiten, sind verbreitet. Viele andere sind Elterninitiativen oder überregional arbeitende Gesellschaften, zum Teil gar börsennotiert.

Rund 10 Prozent aller Berliner Kinder besuchen mittlerweile eine Privatschule. Warum sie das tun, hat viele Gründe. Vor allem aber vereint ihre Eltern ein Gedanke: Sie wollen das Beste für ihr Kind. „Die wenigsten Eltern planen zunächst, ihr Kind auf eine Schule in freier Trägerschaft zu schicken. Sie wollen vor allem eine gute Schule“, bringt es Andreas Wegener von der Arbeitsgemeinschaft Schulen in freier Trägerschaft auf den Punkt. Das könne durchaus auch eine staatliche sein. „Es gibt ja auch tolle staatliche Schulen“, weiß Wegener, Geschäftsführer der Stiftung Private Kant-Schulen.

Verlässlichkeit und Referenzen seien wichtig, wenn es um die Wahl der richtigen Schule gehe. „Der Erfahrungsbericht anderer Eltern hat am meisten Glaubwürdigkeit.“ Er führe oft zum ersten Schritt, sich eine private Schule einmal von innen anzuschauen. Nicht immer steht das Konzept oder der Träger dabei im Vordergrund. Erfüllt die Privatschule die jeweiligen Prioritäten der Eltern, etwa weniger Unterrichtsausfall, besseres Essen oder kleinere Klassen als an staatlichen Schulen, sei die Entscheidung schnell gefallen. So gehen mitunter Kinder auf eine christliche Schule, obwohl die Familie selbst bis dahin wenig mit der Religion am Hut gehabt hat.

Die Unterrichtskonzepte sind vielfältig: So gibt es an Schulen in freier Trägerschaft häufig statt Noten individuelle Bewertungsprotokolle, klassische Fächer wie Deutsch, Mathematik oder Sachkunde gehen in Projektunterrichtseinheiten auf und werden ineinander fließend unterrichtet. Oftmals nervt auch keine Schulklingel, der Unterricht dauert eben so lange, wie es nötig ist, und wer keine Lust mehr auf Lernen hat, geht einfach in die Spielecke. Soziales Miteinander wird im Morgenkreis oder in der Teamarbeit geübt, was auch Schwerpunktthema des diesjährigen Tages der Freien Schulen ist (siehe Kasten). Das alles gibt es allerdings auch immer häufiger an staatlichen Schulen, und so sehen sich die Privatschulen mitunter als pädagogische Pioniere.

„Keine gute Schule kommt ohne den engagierten Einsatz der Eltern aus.“ Mit diesem Grundsatz steht etwa die Schule am Mauerpark in Prenzlauer Berg unter den freien Trägern nicht allein da. So gut wie überall sollen Erziehungsberechtigte in den Freien Schulen mitanpacken, den Unterricht begleiten und Anteil nehmen am Schulgeschehen. Dafür haben sie auch mehr Einblick ins pädagogische Geschehen und können schneller Einfluss nehmen, wenn das Kind Schwierigkeiten hat. Nicht überall müssen sie auch putzen, wie etwa in der Schule am Mauerpark. Dort übernehmen Eltern zwei- bis dreimal im Jahr die Wochenendreinigung. Letztlich schweißen solche Einsätze zusammen, und man lernt die Schule seiner Kinder so auch mal von der Kehrseite kennen. Christine Berger