Berlinmusik
: Kellnerei und Anarchie

Der Name klingt erst einmal lustig: Great Waitress, das scheint für ein Musikerinnen-Trio eine gelungen ironische Wahl. Doch in diese Komik mischt sich eine bittere Note, wenn man bedenkt, dass die drei Künstlerinnen – die Pianistin Magda Mayas, die Akkordeonistin Monika Brooks und die Klarinettistin Laura Altman – aus dem Umfeld der Echtzeitmusik beziehungsweise der Improv-Musik stammen: Mayas lebt in Berlin, Brooks und Altman in Sydney. Hart ist es für diese Musiker, die sich der Klangforschung verschrieben haben, so ziemlich überall. Der Name könnte damit auch darauf anspielen, wie man sich in einer solchen Situation unter Umständen den Lebensunterhalt verdient.

Die Musik von Great Waitress ist auf den ersten Blick wenig angetan, eine wesentlich optimistischere Sicht zu verbreiten. Ihre Ensemblearbeit mit überblasenen Klarinettentönen, Drone-artigen Akkordeonklängen und Klavierspiel inner- wie außerhalb des Instruments hat eine oft beklemmende Enge, man wähnt sich in einem Dickicht, einem stickigen, dunklen Raum, aus dem die Töne verzweifelt auszubrechen versuchen.

Das ist jedoch nur eine mögliche Sicht auf ihr Zusammenspiel. Wenn man sich von diesen ersten Assoziationen löst, erreicht die Musik auf „Hue“ eine dem Titel angemessene Nuancenvielfalt, eine Tiefe, die aus dem Hineinhorchen in die Töne entsteht, wobei sich Great Waitress mit ihrem Ansatz jeglicher Esoterik-Wohlfühl-Meditationsästhetik verweigern. Bei ihnen geht es eben etwas schroffer zu, dafür aber keinesfalls frei von Schönheit.

Eine recht eigene Form der Schönheit verfolgt ebenfalls ein weiteres Trio, diesmal komplett in Berlin ansässig: Themroc 3, die Formation des Schlagzeugers Michael Griener, des Trompeters Richard Koch und des Klarinettisten Benjamin Weidekamp. Benannt haben sie sich nach dem Spielfilm „Themroc!“ mit Michel Piccoli, in dem dieser in anarchistischer Absicht erst die Außenwand seiner Wohnung wegschlägt und später zur Nahrungsversorgung einen Polizisten erlegt, der dann fachmännisch gegrillt wird.

Anarchisch, wenngleich nicht kannibalisch, mutet auch ihre Musik auf dem Album „Rocthem!“ an. Wie die versprengten Reste eines Spielmannszugs auf Free-Jazz-Protestmarsch streift diese bassfreie Formation durch ihre konsequenten Kollektiv-Arrangements, unbeirrt, frei beweglich und unberechenbar. Tim Caspar Boehme

Great Waitress: „Hue“ (Another Dark Age)

Themroc 3: Rocthem! (WhyPlayJazz)