Sportplatz
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Auch im Grunewald dabei: Philipp Kohlschreiber Foto: Stratenschulte/dpa

Ganz großes Tennis im Grunewald

Der LTTC Rot-Weiß richtet die erste Davis-Cup-Partie seit der Ära Steffi Graf aus. Am kommenden Wochenende wird gegen Polen um den Verbleib in der Weltgruppe gespielt.

Tennis in Berlin ist ein wenig anders als überall sonst in Deutschland. Tennis ist ja eigentlich der Sport, der in der Ära von Steffi Graf und Boris Becker zumindest in Westdeutschland boomte und heute als irgendwie gestrig, total Achtziger gilt. In Berlin aber boomt Tennis. Überall sonst in Deutschland stagnieren die Mitgliederzahlen in Tennisvereinen oder schrumpfen weiter – da helfen auch all die Erfolge der deutschen Weltklassespielerin Angelique Kerber noch nichts –, in Berlin aber steigen sie. Und es sind gerade die jungen Leute, die zwischen 35 und 45 Jahre alt sind, die den Statistiken zufolge sich erinnern, wie viel Spaß das damals gemacht hat, über die rote Asche zu rutschen.

Ein bisschen alter Glanz

Doch dem Tennisverein LTTC Rot-Weiß im Grunewald reicht das nicht. Dort, wo man in den letzten Jahren verzweifelt darum bemüht war, den Schick von damals wenigstens ansatzweise durch die mageren Jahre zu retten, obwohl das so ruhmreiche Steffi-Graf-Stadion unübersehbar vor sich hin rostete, will man jetzt endlich auch wieder dem Profitennis eine angemessene Bühne bieten. So wie einst, als hier die German Open stattfanden, die niemand Geringeres als eben Steffi Graf in Serie gewann.

Ein internationales Jugendturnier richtet man hier immerhin bereits einmal jährlich aus, und im letzten Jahr versuchte man es mit einem Showturnier, bei dem Tennisrecken von damals gegen Talente von heute antraten. Eine symbolische Bande sollte da wohl geschlossen werden, zwischen glorreicher Tennishistorie und den Ambitionen zur Gestaltung einer hoffnungsfrohen Zukunft.

Dieses Wochenende aber soll endlich wieder so richtig Glanz in die Anlage am Hundekehlesee kommen. Rot-Weiß Berlin wird vom 16. bis zum 18. September die Davis-Cup-Begegnung zwischen Polen und Deutschland austragen. Es geht dabei sportlich um einiges, nämlich um den Verbleib in der Weltgruppe, der höchsten Spielklasse beim Davis Cup. Markus Zöcke, Sportdirektor beim LTTC und selbst ehemaliger Davis-Cup-Spieler für Deutschland, ließ bereits ausrichten, dass das Steffi-Graf-Stadion bis zum16. September in neuem Glanze erstrahlen werde.

Die Freude darüber, dass man nach 25 Jahren Pause mal wieder eine Davis-Cup-Partie in Berlin austragen darf, wird jedoch getrübt durch die Querelen im Vorfeld der Begegnung. Rot-Weiß putzt sich raus für die Tenniselite, aber niemand will der Einladung folgen, so scheint es. Immerhin hat nun Philipp Kohlschreiber, die Nummer eins im deutschen Tennisverband, der bei den US Open verletzt aufgeben musste, nach einigem Zögern doch noch zugesagt und tritt gegen Polen an.

Sascha Zverev jedoch, das größte Tennistalent in Deutschland seit Jahren, hat abgesagt – ebenso wie Publikumsliebling Dustin Brown, der Deutschjamaikaner mit den Rastalocken. Brown will lieber ein Challenger-Turnier in Polen spielen und Weltranglistenpunkte sammeln. Zverev ließ durchblicken, dass für ihn, der eben auch bei den US Open gespielt hat, bereits die Hartplatzsaison begonnen hat. Zurück zur Asche käme für ihn da nicht infrage. Auch Kohlschreiber gab bekannt, dass er alles andere als glücklich darüber sei, nun nochmals über Sand rutschen zu müssen.

Nur die B-Auswahl

Mit dem lange verletzten Florian Mayer, dem ins Mittelmaß abgerutschten Jan-Lenard Struff und dem weit jenseits der Top 100 der Weltrangliste geführten Daniel Brands kommt nun, neben Kohlschreiber, nur eine Ersatztruppe in den Grunewald. So richtig will das mit der Rückkehr des ersehnten großen Tennisglamours bei Rot-Weiß einfach nichts werden.

Andreas Hartmann