piwik no script img

UnterirdischesTreffen

Fehmarnbelt-Fans

Die PR-Offensive läuft jetzt auf Hochtouren. Drei Tage lang von Dienstag bis Donnerstag beschwören auf den „Fehmarnbelt Days 2016“ in Hamburg die Tunnelfans ihre unterirdischen Pläne. Rund 800 VertreterInnen aus Wirtschaft, Politik und Behörden aus Norddeutschland, Dänemark und Südschweden werden sich wortreich darüber auslassen, wie segensreich der geplante Ostsee-Tunnel zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn sei. Und das haben sie auch bitter nötig, denn die Zwischenbilanz des größten und teuersten Verkehrsprojekts Nordeuropas ist desaströs.

2021 sollte der 18,4 Kilometer lange Straßen- und Eisenbahntunnel im Fehmarnbelt in Betrieb gehen – mit Mühe wird dann überhaupt der Baubeginn sein. Etwa 3,5 Milliarden Euro Baukosten veranschlagte die staatliche dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S anfangs, inzwischen ist von der doppelten Summe die Rede. Ein Zuschuss der EU für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte von 1,5 Milliarden Euro war einkalkuliert worden, jetzt gibt es davon höchstens ein Drittel.

Die Schließung der Fährreederei Scandlines auf der Vogelfluglinie mit ihren 800 Arbeitsplätzen war bei der Verkehrsprognose angenommen worden. Die aber modernisiert ihre Flotte und klagt vor der EU-Wettbewerbskommission dagegen, dass Femern A/S mit staatlicher Unterstützung ein privatwirtschaftliches Unternehmen aus dem Markt drängen will. Von breiter Zustimmung auf dänischer Seite schwärmte die Tunnelfirma jahrelang, und muss jetzt erschreckt zur Kenntnis nehmen, dass auf schleswig-holsteinischer Seite vorige Woche 13.200 Einwendungen und 86.000 Online-Petitionen gegen die Planunterlagen eingereicht wurden.

Da scheint es ratsam, einen großen Ratschlag der Tunnelfreunde abzuhalten, organisiert von den Handelskammern und Unternehmensverbänden zwischen Hamburg, Kopenhagen und Malmö. Umweltgruppen und Tunnelkritiker sind nicht eingeladen zu diesem unterirdischen Fanclub-Treffen. smv

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen