Engagement

2015 halfen Ehrenamtliche den Flüchtlingen beim Ankommen. Heute geht es darum, den Menschen das Bleiben zu ermöglichen

"Es geht auch ohne Worte"

Es haben sehr viele Menschen spontan Hilfe angeboten, als im August 2015 die Notunterkunft bei uns in der Nachbarschaft eröffnet wurde. Das Gebäude hatte einige Jahre leergestanden. Binnen einer Woche lebten 1.000 Menschen aus 21 Nationen dort. Mit der Fahrradwerkstatt fingen wir rund zehn Tage nach Eröffnung an. Zunächst zu dritt, mit ein paar Fahrradtaschen voller Werkzeug, um vor einer leeren Garage mit Bewohner*innen an gespendeten Fahrrädern zu werkeln. Gemeinsam schrauben geht auch ohne Worte.

Zu unserem einjährigen Bestehen schauten wir auf eine voll ausgestattete Werkstatt und ein Team von rund 20 deutschen Helfer*innen, vom 18-jährigen Abiturienten bis zum 74-jährigen Rentner. Gut 500 Räder haben wir ausgegeben. Wir haben Preise und Fördergelder bekommen, planen die nächsten Jahre, wollen die Werkstatt langfristig der Regie der Bewohner*innen übergeben. Wir haben Familien und einzeln Reisende kennengelernt. Wir haben uns gefreut, wenn wieder eine Familie aus der Unterkunft aus- und in eine Wohnung einziehen konnte.

Manche Beziehungen sind tiefer geworden, andere an der Oberfläche geblieben. Wir können das nicht erzwingen. Aber wir sind da, jeden Mittwoch und jeden Sonntag. Wenn ich am S-Bahnhof ein bekanntes Gesicht sehe, dann begrüßen wir uns mit Handschlag. Das ist doch was. Genug? Nein. Aber etwas, was wir als Nachbarn tun können und wollen.

Bernd Pickert, 50 Jahre, ist Journalist aus Berlin