Vernissagen-Gewusel
: Wer zuspät kommt,sieht besser

Hamburger Kunsträume

von Hajo Schiff

Als Almauftrieb bezeichnen manche drastisch-ironisch den Saisonbeginn der Galerien in Hamburg. Gestern im Kontorhausviertel, vorgestern in der Admiralitätstraße: Vor drängelnden, schwatzenden, trinkenden Menschen war fast kein Blick auf die Kunst mit lebenden Austern, Bedeutungsschnüren und bunten Stoffformen, auf Drohnenfotos und monochrome Bildtafeln zu erhaschen. Hinterher war es an der Bar vom Westwerk mit den dort ausstellenden koreanischen Künstlern der Triangle Artist Group oder später vor den einschlägigen Kneipen dann noch sehr nett.

Nun könnten die Galerien wieder schließen – jedenfalls, wenn es nach der Zahl der zu erwartenden Besucher ginge. Jeder scheint sich die Vernissagentermine zu notieren. Dass Besuche auch zu den normalen Öffnungszeiten möglich sind, scheint fast schon vergessen.

Allerdings sind Galeristen nicht nur Show-Room-Betreiber, sie leisten für ihre Künstler auch sonst viel Arbeit, die während der Öffnungszeiten erledigt werden kann. Aber doch überlegen immer wieder viele Galeristen, ob die von fast niemandem genutzten Öffnungszeiten während der Laufzeit einer Ausstellung nicht ziemlich unsinnig sind und andere Vermittlungsmodelle ohne gut bestückte, schön ausgeleuchtete, aber leere Räume, möglich sind – auch wenn der Galeristenverband eine gewisse Summe von Öffnungszeiten zwingend vorschreibt.

Denen, die das Gewusel der vergangenen Tage verpasst haben, sei eine der wenigen Samstageröffnungen empfohlen: Heute ab 20 Uhr liegen bei Feinkunst Krüger in den Kohlhöfen „sämtliche Schaltpläne vom Rest der Welt“ aus. Die endgültige, wie immer installative Überblicksausstellung von Simon Hehemann lockt mit speziellen Landkarten, Schaltkreisen und Grundrissen, die räumlich eine externe Perspektive auf die Welt und ihre Kompliziertheiten ermöglichen. Das wird nicht nur gut, sondern auch eine große Party.