Berlinmusik
: Die Göre, der Haferschleim

Prolliger Humor kann manchmal schon Spaß machen. Die Berliner Girlgroup The Toten Crackhuren im Kofferraum konnte davon ein, nein, falsch, ganz viele Lieder singen. Die Crackhuren pausieren zwar gerade, aber Sängerin Luise „Lulu“ Fuckface hat dafür mit ihrer Zweitband „Lulu & die Einhornfarm“ soeben ein ziemlich unterhaltsames Album vorgelegt. Runtergerotzter Punk, der zum Beispiel in Tradition der skandinavischen Todesrocker von Turbonegro steht, trifft dort auf Untenrumhumor und Neue-Deutsche-Welle-Anleihen.

Songtitel wie „Was sind Sie denn für eine Person?“, „Ficki ficki 10 Euro“ oder das titelgebende „Ihr seid alle scheisse“ weisen da den Weg. Das Gute an diesem 17-Track-Album, deren Songs die 2-Minuten-Grenze eher selten überschreiten, ist aber zum einen, dass es dabei nicht dumpf ist, sondern selbstironisch und doppelbödig daherkommt; ein Stück wie die Stooges-Referenz „Ich möchte Dein Hündchen sein“ hat Witz, auch für „Deutschland, Du Opfer“gilt dies. Zum anderen macht das Gitarrengebratze zu Görengesang musikalisch einfach Spaß.

Rummelsnuff ist ein weiterer interessanter Fall aus der Berliner Szene. Gänzlich verstanden hat man die Ästhetik des glatzköpfigen, muskelbepackten und meist oben ohne posierenden Sängers vielleicht nicht, aber gerade das macht ihn so spannend. Bis heute schimmert da etwas von Hans Albers bis Popeye durch, von Shanty bis zu elektronischen Beats; dank seines Mitstreiters Maat Asbach, mit dem er das neue Album („Rummelsnuff & Asbach“) zusammen aufgenommen hat, kommen noch zuweilen klassischer Gesang, Oper, Folk und ein bisschen Waltz-Atmosphäre dazu. Insgesamt führt das zu einem sehr abwechslungsreichen Album, bei dem Rummelsnuff etwa erst ein Seemannslied über „Fish and Chips and Haferschleim“ singt, ehe sich mit „Crystal Ball“ eine tolle, getragene Country-/Folknummer anschließt, gefolgt von dem simplen Synthie-Song „Helmut“.

Vielleicht findet man den Arbeiter- und Muskelkult zunächst befremdlich – aber wie schon auf den Vorgängeralben kommt er so überzogen daher, dass es eher amüsant wirkt. Eines ist sicher: diese Mischung aus diversen Kunst- und Alltagspraxen und die stilistische Melange, die bei Rummelsnuff zu hören ist, gibt es kein zweites Mal. Jens Uthoff

Lulu & Die Einhornfarm: „Ihr seid alle scheiße“ (Bakraufarfita Records), live: 10. 9., 18 Uhr, Dodo Beach Record Store; Rummelsnuff & Asbach: s/t (Out Of Line Music)