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Nach der Niederlage von Mecklenburg-Vorpommern kracht es im Gebälk der Union. Merkel schickt klare Worte aus Hangzhou in die Heimat

Sellering beglückt die SPD

SPD Im Brandt-Haus redet man sich die Lage schöner als sie ist

„Natürlich spielt das Problem AfD auch in unserem Lager“

Thorsten Schäfer-Gümbel

BERLIN taz | In der großen Familie SPD sind alle glücklich, zumindest auf der Bühne. Der Vorsitzende Sigmar Gabriel sagt im Berliner Willy-Brandt-Haus, seine Partei habe an absoluten Stimmen dazu gewonnen. In Ordnung und „hart errungen“ sei der Sieg, glaubt auch SPD-Bundesvize Ralf Stegner. So ähnlich klingen alle Spitzengenossen am Tag nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern. Wen stört da schon, dass die SPD im Vergleich zu 2011 fünf Prozentpunkte verlor?

Auf den ersten Blick sieht es ja gut aus für die Sozialdemokratie. Erwin Sellering, der sehr beliebte Ministerpräsident wird im Amt bleiben. Er kann nun in Sondierungen die gedemütigte CDU gegen die Linke ausspielen. Vielleicht, das hoffen viele im linken Flügel, schmiedet er ja sogar ein rot-rotes Bündnis.

Unbestritten ist, dass die SPD auch wegen ihres populären Kandidaten gewonnen hat. Sellering ließ seinen CDU-Konkurrenten Lorenz Caffier in Beliebtheitsumfragen weit hinter sich, er wirkte auf die Wähler sympathischer, glaubwürdiger und wirtschaftskompetenter. Als der SPDler in Schwerin vor seine jubelnden Anhänger trat, bedankte er sich für den „schwersten, aber auch schönsten Wahlkampf“. Menschen hätten ihm auf der Straße gesagt, er müsse Ministerpräsident bleiben, er habe geradezu „liebevolle Unterstützung“ gespürt.

Eine nicht ganz neue Erkenntnis für die SPD ist also, wie wichtig Personalisierung ist. In Rheinland-Pfalz lag es im März wesentlich an Malu Dreyer, dass die SPD am Ende vorn lag. In Mecklenburg-Vorpommern war die „große Zugkraft“ Sellerings ausschlaggebend, urteilt eine interne Wahlanalyse aus dem Willy-Brandt-Haus. Dort ist nachzulesen, dass sich 37 Prozent der SPD-Wähler erst kurzfristig festlegten. Der Kandidat ist entscheidend, während die Bindung an die Partei abnimmt – für einen Bundestagswahlkampf mit Sigmar Gabriel an der Spitze sind das düstere Aussichten.

Doch in Mecklenburg-Vorpommern bestätigte sich auch der Trend, dass SPD-Milieus anfällig für Versprechungen der Rechtspopulisten sind. 15.000 Wähler liefen zur AfD über. Von manchen Sozialdemokraten hört man deshalb nachdenkliche Töne. „Natürlich spielt das Problem AfD auch in unserem Lager“, sagt SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel. „Viele Arbeiter stehen unter Druck, es gibt Angst vor der Globalisierung.“ Er fügt hinzu: Die Bundes-SPD werde sich in Sachen soziale Sicherung scharf positionieren. Ulrich Schulte