Karlsruhe will Berlin noch nicht erhören

Eigentlich wollte das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Jahr Berlin Gelegenheit geben, seine Klage auf zusätzliche Finanzhilfen des Bundes zu begründen. Doch jetzt wollen auch das Saarland und Bremen klagen

Eigentlich wollte das Haushaltsnotlageland Berlin noch in diesem Jahr beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorsprechen. Doch die Chancen auf eine Anhörung noch bis Dezember schwinden. Darin will Berlin begründen, warum ihm Milliardenhilfen des Bundes und der Länder zustehen. Es sei unwahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe noch im November eine mündliche Erörterung ansetzen werde, sagte Finanzstaatssekretär Hubert Schulte gestern. Die Situation habe sich verändert, weil inzwischen das Saarland erneut Klage einreichte und auch Bremen eine erneute Klage ankündigte.

Das Gericht stehe nun vor der Frage, ob es die drei Klagen zusammenziehen soll, so Schulte. Bisher sei keine Ankündigung aus Karlsruhe für einen Termin beim Senat angekommen. „Es kann schnell gehen oder langsam kommen.“ Allerdings müsse das Gericht bald darüber eine Entscheidung fällen. Es könne nicht sein, dass sich das ganze Verfahren weiter verzögere, weil immer wieder ein Land klage. Berlin habe ein Interesse an einem zügigen Verfahren.

Von einer neuen Bundesregierung erwartet Schulte keine wesentlichen Änderungen in den Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Bundesländern. Da verfolge jeder seine Interessen. Dies müsse man ohne Illusionen, aber auch ohne übertriebene Befürchtungen betrachten.

Berlin hatte im November 2002 angesichts seines damaligen Schuldenstands von rund 47 Milliarden Euro seine extreme Haushaltsnotlage erklärt. Im Sommer 2003 klagte das Land – in Anlehnung an die früheren Klagen des Saarlandes und Bremen – vor dem Bundesverfassungsgericht auf zusätzliche Hilfen des Bundes und der Länder zur Entschuldung in Höhe von 35 Milliarden Euro. Inzwischen sind Berlins Schulden trotz deutlicher Sparanstrengungen auf knapp 59 Milliarden Euro angewachsen. Ohne Entschuldungshilfen wird das Land Berlin also nicht den Weg aus der Schuldenfalle finden – mit immer neuen Schulden werden die nötigen Ausgaben und die Zinsen der aufgelaufenen Schulden beglichen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Bremen und dem Saarland 1992 eine extreme Haushaltsnotlage bescheinigt. Daraufhin waren zwischen 1994 und 2004 aus dem Bundeshaushalt rund 8,5 Milliarden Euro als Sanierungshilfe nach Bremen und mehr als 6,5 Milliarden Euro ins Saarland geflossen. Bremen ist heute allerdings immer noch mit knapp 12 Milliarden, das Saarland mit fast 8 Milliarden Euro verschuldet. ROT