Der Traum von der Modestadt Berlin

Fashion Am Sonntag ging die neue Zalando-Bread-&-Butter zu Ende. Unser Autor zieht Bilanz

Die Modemesse Bread & Butter 2009 nach Berlin geholt zu haben, darauf war Klaus Wowereit, als er noch Bürgermeister dieser Stadt war, ziemlich stolz. Für seinen Coup war es ihm auch wert, mit dem reichlich dubiosen Gründer der 2001 in Köln gestarteten Messe seltsame Knebelverträge abzuschließen, die vorsahen, auf Jahre im voraus den ehemaligen Flughafen Tempelhof als Austragungsort für den Fashion-Event bereitzustellen. Konnte ja niemand ahnen, dass die Bread & Butter da schon ihre besten Jahre hinter sich hatte.

Im Sommer 2014, als die Bread & Butter letztmalig als Fachmesse für ein exklusives Fachpublikum in Tempelhof über die Bühne ging, war dann endgültig sichtbar, dass hier etwas zu Ende ging. Die Zahl der Aussteller hatte sich stark reduziert, große Marken abgesagt, und mühsam versuchte man zu kaschieren, dass weniger los war als früher, indem man ganze Hallenteile absperrte.

Spektakel in Treptow

Danach kamen noch ein paar Ankündigungen von Karl-Heinz Müller, trotz der Bread-&-Butter-Krise noch mal so richtig durchstarten zu wollen und gar einen Ableger der Messe in Soul zu etablieren, kurz danach meldete Müller Insolvenz an.

An diesem Wochenende gab es nun einen Neustart der Messe, ganz unter den Fittichen des Online-Modehändlers Zalando, mit völlig neuem Konzept. Wichtigster Unterschied zwischen der neuen und der alten Modemesse war, dass sich das Spektakel an neuem Wirkungsort, der Arena-Halle in Treptow, nun als Publikumsmesse präsentierte. Jeder konnte hier nun sehen, was reichlich wenig exklusive Marken, meist aus dem Sport­swear-Sektor, in ihrer Herbstkollektion anzubieten haben.

Die Menschen, die am Samstagabend durch die Halle strömten, sahen natürlich alle fantastisch aus, obwohl der Glamourfaktor insgesamt kaum messbar war und alles doch recht bieder wirkte. Jeanshersteller zeigten ihre neuen Jeans, Turnschuhmarken ihre neuen Sneaker, nach Fashionmetropole Berlin roch es in der Mehrzweckhalle nicht unbedingt.

Die Messe war eindeutig auf die Bedürfnisse ihres neuen Besitzers Zalando zugeschnitten, dessen Kundschaft eher an irgendwelchen preisgünstigen Vintage-Klamotten großer Hersteller interessiert ist als an ausgefallenen Kollektionen kleiner Modelabels. Zalando wird die Messe auch weiterhin nutzen, um sich als Online-Händler nun auch mal offline präsentieren zu können. Und dass man da etwas bieten wollte, was man im Netz nicht so gut hinbekommt, war überall ersichtlich. Eine bekannte Skater-Marke lud dazu ein, sich T-Shirts im Vintage-Design bedrucken zu lassen. Dazu kamen jede Menge der üblichen Food-Stände und ein von der angesagten Online-Plattform Boiler Room kuratiertes Musikprogramm. Direkt einkaufen konnte man auf der Zalando-Bread-&-Butter im Gegensatz zu früher auch, manches direkt vor Ort, manches nur online. Der Online-Einkauf sollte dann natürlich ein Einkauf über die Zalando-Homepage bedeuten.

Die Stimmung unter den Händlern war ganz gut. Andy, der wirklich nur Andy genannt werden wollte und für einen Anbieter für Damenbekleidung arbeitete, sagte, das sei hier eine „sehr nette, gute und jugendliche Messe“, und Yasrin Karaa, die hier im Auftrag einer Jeansfirma war, befand: „Generell läuft es richtig gut.“

Vielleicht ist die neue Bread & Butter die Modemesse, die Berlin wirklich verdient hat. Der Traum, echte Modestadt zu werden, scheint erst mal ausgeträumt zu sein. Und so passt eine Freizeitklamottenmesse auch bestens zu den Berlinern, die sich – ob zur Vernissage oder im Club – am liebsten lässig kleiden. Andreas Hartmann