heute in hamburg
: „Leben ohne Menschen“

PERFORMANCE Hajusom und Ensemble Resonanz stellen eine posthumane Welt künstlerisch dar

Dorothea Reinicke

:

63, ist Punksängerin, Schauspielerin und Performerin. 1998 initiierte sie das transnationale Kunstprojekt Hajusom.

taz: Frau Reinicke, ist die Welt ohne Menschen schöner?

Dorothea Reinicke: Vielleicht. Doch diese Frage möchten wir mit unserer Performance gar nicht beantworten. Es geht nicht darum, die Menschheit anzuprangern. Wir wollen zeigen, dass das Leben auch ohne Menschen weitergeht.

Wo sind all die Menschen hin?

Wir sind von allen anzunehmenden Katastrophen ausgegangen. Überleben konnten das nur außergewöhnliche Wesen, die nicht kategorisch denken, Wesen, die nicht versuchen, die Natur zu dominieren, sondern mit ihr im Einklang leben. Es gibt allerdings noch einen letzten Menschen, der im Laufe der Performance diesen Wesen begegnet.

Wie stellt man posthumanes Leben dar?

Uns ist es gelungen, den sonst so schicken Resonanzraum des Bunkers sehr düster aussehen zu lassen. Neonröhren hängen von der Decke, Plastikbecher und andere Überreste der Zivilisation liegen auf der Bühne.

Und wie hört sich posthumanes Leben an?

Sehr vielseitig. Die Streicher des Ensembles Resonanz produzieren mit Beats von Viktor Marek atmosphärische Klänge wie aus einer anderen Welt. Doch es wird auch Reggae und Punk zu hören sein.

Unter welchen Umständen finden sich Künstler so verschiedener Genres zusammen?

Wir alle arbeiten im Bunker. Wir alle hatten Lust auf etwas Neues, auf etwas Fremdes.

Wer sind Sie alle?

Das Performance-Ensemble des Hajusom, ein Streichersextett des Ensemble Resonanz und der Elektromusiker Viktor Marek.

Und diese Elemente sind mischbar?

Das war ein längerer Prozess, denn die verschiedenen Künstler arbeiten sehr unterschiedlich. Bei den Performern entsteht fast alles aus der Improvisation. Die Streicher spielen meist vom Blatt. Doch durch gute Kommunikation, ständiges Feedback und Respekt vor der Kunst des anderen hat es gut geklappt.

Was hat Sie zu diesem Stück ins­piriert?

Klimaschutz. Die ursprüngliche Idee war, eine Performance über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur zu produzieren. Wir haben zum Teil auch in der Natur geprobt. Der Bunker bot dann die perfekte Atmosphäre für die Darstellung des Lebens nach dem Menschen.

Interview: Antonius Tix

„Wake Up“: 20 Uhr, Resonanzraum, Bunker, Feldstraße 66