MUSIK

MusikThomas Mauchhört auf den Sound der Stadt

Im Kino gewesen. Gewundert. Und zwar über den Altersschnitt. Eigentlich saßen an diesem Sonntag im Zeughauskino fast nur Menschen, die bereits damals bei der Eröffnung des Star-Clubs (und damit beim Einläuten der ersten Runden Popmusik in Deutschland überhaupt) hätten dabei sein können. Dass die dann mit dem gezeigten Film „Hurra, die Rattles kommen“ aus dem Jahr 1966 ihrer eigenen Jugend frönten, ist ja durchaus okay. Dass sich aber von den Nachgeborenen partout niemand für diese Nachhilfestunde, wie das mit dem Pop hierzulande beschaffen war in seiner frühesten Zeit, interessieren wollte an dem Sonntag, war doch etwas befremdlich. Gut: Im Vergleich mit der filmischen Prägeformel durch die Beatles mit „A Hard Day’s Night“ ist der Rattles-Film nicht mal zweite Wahl. Eine Klamotte eben. Was ja wiederum auch den Pop in Deutschland beschreibt. Außerdem gibt es bei dem wahrlich nicht oft gezeigten Film beeindruckende Auftritte von den Liverbirds und Casey Jones & the Governors zu begucken und dazu eine hübsche Rattlemania.

Wer das überhaupt sein soll: die Rattles? Ganz frühe Hamburger Schule, erste Klasse. Eine Band, die sich zu Recht mal als die „deutschen Beatles“ feiern lassen durfte.

Was man natürlich nicht wirklich wissen muss, um sich dennoch im Pop in der Gegenwart zurechtzufinden. Für das gerade laufende „Pop-Kultur“-Festival soll dabei hier mal ein besonderer Augenmerk auf die Wortbeiträge gelegt werden (weil Pop ja nicht nur die Musik ist): Am Donnerstag unterhalten sich der Algiers-Musiker Ryan Mahan und der Journalist Josh Hall zum Beispiel im Passage-Kino darüber, wie sich der Schrecken von Kapitalismus und Neokolonialismus in Musik verstecken kann (Karl-Marx-Str. 131, 21. 40 Uhr, 5 €), am Freitag erkundet Jens Balzer im Prachtwerk mit seinem gerade erschienenen Buch „Pop“ und Jenni Zylka moderierend zur Seite das weite Panorama von Pop (Ganghoferstr. 2, 17. 40 Uhr, 5 €) und Richard Hell – Stichworte CBGB, Richard Hell & the Voidoids, „Blank Generation“ – erzählt wieder in der Passage sein Leben (22. 40 Uhr, 5 €).

Was es an Musik bei Pop-Kultur zu hören gibt? Findet man unter www.pop-kultur.berlin.

Am Freitag ist letzter Pop-Kultur-Tag, darben muss man deswegen danach nicht beim Pop. Für den sorgen über alle Festival-Zeiten hinaus verlässlich so Anbieter wie das Bassy, beliebte Retroschlaufe in der Schönhauser, wo man sich am Samstag den Reizen alter türkischer und griechischer Folklore-Schlager hingeben kann, die von Cherry Bandora – Israelis mit Homebase Berlin – in einer angespitzten Psychedelic-Rock-Version gegeben werden (Schönhauser Allee 176a, 22 Uhr).