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Vom Emsland lernen, heißt Huldigen lernen

Groß ist das Emsland. So groß, dass seine EinwohnerInnen und LandkreispolitikerInnen selten an das Bundesland erinnert werden, zu dem es ja eigentlich gehört. Die meisten EmsländerInnen wissen überhaupt nicht, dass sie zu Niedersachsen gehören. MeppenerInnen sind umgeben vom Emsland, Emsland, Emsland und den Niederlanden. Fragt ein Bayer, wo Kathen-Frackel liegt, dann antwortet der Emsländer: „Bei Lathen.“ Fragt der Bayer mutig weiter, erfährt er: „Im Emsland.“

Der Landrat des Emslandes ist für EmsländerInnen der Landeschef. Heißt ja schließlich auch nicht Emskreis. Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen ist im Emsland sehr hoch, wobei die EmsländerInnen zu einhundert Prozent die CDU wählen. Bis auf den Landrat (und Gitta Connemann, CDU und MdB, die als Abgesandte des Königs gilt), sind sie an ihren KommunalpolitikerInnen nicht sonderlich interessiert. Was zählt, ist der Glaube und die Partei.

Die EmsländerInnen erstarren in Ehrfurcht, wenn ihr Landrat auftritt. Der wiederum gibt sich volksnah, posiert für die lokale Presse auch mal mit leicht gelockerter Krawatte und einem Körnchen in der Hand vor einer der zahllosen Schnapsbrennereien in Haselünne. Bei einer Homestory anlässlich der Abwahl des „alten Kaisers“ Hermann Bröring (CDU) soll sein Nachfolger Reinhard Winter (CDU) sogar das Jackett abgelegt haben. „Toll“ finden die EmsländerInnen das und werfen sich dankbar in den Staub, wenn der Landrat gemeinsam mit Bischof Bode das neue Seniorenzentrum in Clusorth-Bramhar einweiht.

Die EmsländerInnen wissen, wie man huldigt. Auch der Landrat weiß das, schließlich ist er ja selbst reinblütiger Emsländer. Selten allerdings hat er die Gelegenheit dazu, denn nur selten verirren sich echte Landes- oder gar BundespolitikerInnen (außer Gitta Connemann) ins Emsland. Tun sie das doch einmal, dann besuchen sie in einhundert Prozent aller Fälle die Meyer-Werft in Papenburg. Dort setzen sie Bauarbeiterhelme auf und posieren für die Lokalpresse, die ausschließlich fotografiert, wie sich der Landrat vor den großen, ausländischen PolitikerInnen im emsländischen Staub windet. Er will und muss ja Vorbild für sein Volk sein. Und das ist gut so. SCHN

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