Stefan Alberti guckt sich ein weiteres Großplakat der Grünen an
: Zurück in die Zukunft

Sie sagen noch jeder ein paar Sätzchen, dann lassen die grünen Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September das – natürlich – grüne Tuch fallen, das noch über dem Großplakat hängt. Ein seilhüpfendes Kind ist schattenrissartig über dem Tempelhofer Feld zu sehen, im Hintergrund ein Fahrrad und eine tief stehende Sonne. „Mut zur Freiheit“ steht drauf und „Alles auf Grün“. Es ist ein typisches Grünen-Plakat, das einem erst mal was abverlangt: Um seine doppelsinnige Botschaft zu verstehen, muss man schon mal wissen, dass das Tempelhofer Feld auch unter Tempelhofer Freiheit läuft.

Am Neuköllner Rand des Felds, dessen Gebäudefreiheit ein Volksentscheid erstritt, stehen die vier Grünen-Topleute jetzt, um eine Art vorgezogene Regierungserklärung abzugeben. „Politik ohne Angst“ versprechen die beiden Landesvorsitzenden Bettina Jarasch und Daniel Wesener sowie die Fraktionschefinnen Ramona Pop und Antje Kapek. Und beanspruchen selbstbewusst für sich, die einzige wirklich der Zukunft zugewandte Partei der Stadt zu sein. Die SPD, sagt Pop, verfalle in Schockstarre bei dem Gedanken, die Stadt könne sich verändern. Die CDU wiederum ergehe sich „in Zukunftspessimismus und Angst.“

„Burkapflicht für Henkel!“

An der Hauswand gegenüber, an der Ecke Herrfurthstraße/Oderstraße ist die aus Grünen-Sicht verängstigte CDU auf gewisse Weise gegenwärtig. „Burkapflicht für Henkel!“ hat jemand an die Wand geschmiert und vermutlich den Spitzenkandidaten der Christdemokraten gemeint. Die Spitzengrünen winken ab – sie seien es nicht gewesen.

Wobei auch die Grünen in einer Mischung aus Angst und Sorge auf den nächsten Sonntag mit der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern schauen, wo die AfD in der jüngsten Umfrage mit 21 Prozent dritte Kraft war. Bei einem AfD-Erfolg an der Ostsee befürchten viele, dass das den Rechtspopulisten in Berlin zwei Wochen später zusätzlichen Rückenwind geben könnte. Kapek verlangt von den Bürgern, „Verantwortung wahrzunehmen, um für Freiheit und Demokratie einzustehen“.

Vielleicht fällt ihr beim Reden auf, dass das ein bisschen pathetisch rüberkommen könnte – sie schiebt noch Klartext hinterher: „Diesmal muss man den eigenen Hintern hochkriegen und zur Wahl gehen.“ Denn die jüngsten Zahlen zeigen, dass es die AfD-Anhänger fast alle tun – und das macht an diesem Vormittag nicht nur den Grünen Angst.