„Raus aus Hapag-Lloyd“

Sommerinterview (VI) Die FDP-Fraktionsvorsitzende in der Hamburger Bürgerschaft, Katja Suding, über Staatsbetriebe, Marktwirtschaft und ihre Bundestags-Ambitionen

Will gute Bildung, Sicherheit und eine „vernünftige Infrastruktur“: Katja Suding von der FDP Foto: Bodo Marks/dpa

INTERVIEW Sven-Michael Veit

taz: Frau Suding, die Staatsreederei Hapag-Lloyd verliert zusehends an Wert, die Hamburger Anteile entsprechend auch. Sind die 1,2 Milliarden Euro, welche die Stadt in die Reederei gesteckt hat, verloren?

Katja Suding: Wahrscheinlich zu einem erheblichen Teil. Wir haben damals schon vor diesem unüberschaubaren Risiko gewarnt, leider wurden wir nicht gehört. Die weltweite Schifffahrtskrise dauert weiter an, ein Ende ist nicht abzusehen. Das wird teuer werden.

Die Milliarde aus Steuergeldern gibt es aber nicht zurück, obwohl der Bürgermeister das versprochen hat. Hapag-Lloyd zahlt nicht mal Dividende.

Wir haben von Anfang an bezweifelt, dass der Bürgermeister sein Geld wiederbekommt.

War nicht mal seines, sondern unser aller.

Steuergeld, ja. Umso schlimmer.

Aber immerhin konnte Hapag-Lloyd in Hamburg gehalten werden: der Firmensitz, die Arbeitsplätze, der Umschlag im Hafen, die Steuereinnahmen.

Aber um welchen Preis? Dieses Geld wäre wie gesagt besser in die Bildung oder auch in den Hafen investiert worden. Der muss modernisiert werden und die Schlickberge in der Fahrrinne und vor den Kais müssen beseitigt werden. Es darf nicht so weit kommen, dass Schiffe Hamburg nicht mehr anlaufen können.

Würden Sie Hapag-Lloyd und andere städtische Unternehmen gerne privatisieren, wenn Sie könnten?

Nicht jedes einzelne. Bei Hapag-Lloyd bin ich für den Verkauf der Hamburger Anteile, da müssen wir raus. Ich halte auch den Verkauf der städtischen Mehrheit am Hafenumschlagsunternehmen HHLA für notwendig.

Für beide würden Sie aber zurzeit auf dem Markt nur Tiefstpreise erzielen.

Natürlich muss man den richtigen Zeitpunkt abpassen. Es wäre aber ein Fehler, die Beteiligungen dauerhaft zu behalten. Der Bürgermeister hat sein Versprechen zu halten, das Geld wiederzubeschaffen, das er aus dem Fenster geworfen hat.

Sie bevorzugen das freie Spiel der Kräfte auf dem Markt?

Das hat damit gar nichts zu tun. Die Stadt muss sich auf ihre ureigenen Aufgaben konzentrieren. Dazu gehören in erster Linie gute Bildung, innere Sicherheit und eine vernünftige Infrastruktur. Es ist nicht Aufgabe der Stadt, Unternehmer zu spielen.

Der Staat sollte sich aus der Wirtschaft raushalten?

Er hat die Regeln zu setzen, wie das mit der sozialen Marktwirtschaft ja auch geschieht, und zu kontrollieren, dass diese Regeln eingehalten werden. Aber auch das passiert nicht, ständig gibt es da Regulierungen: die Mietpreisbremse, der Mindestlohn …

Ende Juli hat das Verwaltungsgericht ein Zwangsgeld gegen Hamburg verhängt, weil der rot-grüne Senat einen wirksamen Luftreinhalteplan seit Jahren verweigert. Was ist zu tun?

Der Plan muss schnellstmöglich vorgelegt werden.

Lehnen Sie dennoch Maßnahmen wie Fahrverbote, Umweltzone und City-Maut weiterhin ab, weil die FDP eben eine Autofahrer-Partei ist?

Wir sind keine Autofahrerpartei, aber auch keine Verbotspartei. Die Aufgabe lautet jetzt, möglichst rasch wirksame Anreize zu schaffen, das Auto öfter mal stehen zu lassen. Dazu muss der öffentliche Nahverkehr gestärkt werden, auch der Radverkehr muss weiter ausgebaut werden.

Katja Suding

40, PR-Beraterin. Seit 2011 FDP-Fraktionsvorsitzende in der Hamburger Bürgerschaft, seit 2014 Landesvorsitzende und seit 2015 stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP.

Wir warten seit eineinhalb Jahren vergebens auf ernste Konflikte in der rot-grünen Koalition. Haben Sie Zweifel, dass diese Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode Bestand haben wird?

Die Grünen wollen um jeden Preis auf den Regierungsbänken sitzen. Die bringen den Senat nicht in Gefahr.

Sie selbst wollen nach der Bundestagswahl nach Berlin?

Ich habe erklärt, dass ich mich in der Hamburger FDP um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl bewerben werde.

Ab in den Bundestag und möglichst gleich in die Bundesregierung?

Wir kämpfen für eine möglichst starke FDP und vor allem für unsere inhaltlichen Schwerpunkte. Nach der Wahl können wir sehen, ob und welche Regierungsbeteiligung möglich ist.

CDU, SPD, Grüne: Sind alle drei Parteien koalitionsfähig für Sie?

Es ist müßig, darüber zu diesem Zeitpunkt zu spekulieren.