Berliner Szenen
: Im Schlemmerladen

Zahlen, bitte!

Trüffelchips sind aus, und Düsseldorfer Löwensenf hat was

Ein Mitbringsel soll es sein, nichts aus dem Kaugummiautomaten, kein Champagner, preislich dazwischen. Vinho Verde, der geht immer, denkt man sich und ist schon drin im Schlemmerladen an der Auguststraße in Mitte, wo es Salze en masse gibt und Sepiatinte abgepackt, der Milliliter zu 50 Cent.

Nur Vinho Verde ist alle. Vielleicht stattdessen eine Tafel Dunkelschokolade inklusive Fleur du Sel und ein Winzfläschen Windspiel Gin zu 5 Euro? Schon steht man unschlüssig an der Kasse, will noch mal reden mit dem Verkäufer und spürt doch im Nacken, dass die Kundin hinter einem es wohl eilig hat. „Bitte“, sagt man ladylike, „zahlen Sie schon mal.“ Und dann geht es los. Ein Feuerwerk des Expertengesprächs entspann sich zwischen den beiden, man wäre mit seinem Windspiel Gin längst durch gewesen. Fazit: Die Brüsseler Trüffelchips sind aus, und Düsseldorfer Löwensenf hat was, auch wenn er irgendwie prollig rüberkommt.

Schließlich zieht die Kundin mit einem prall gefüllten Weidenkorb von dannen. Huldvoll wendet sich einem der kahl rasierte Verkäufer zu. „Ich empfehle noch ein Fläschchen Windspiel Tonic Wasser, ist bald nicht mehr auf dem Markt. Die Firma stellt um auf Dosen. Für eine Glasflasche kriegt man heute ja nichts mehr in der EU.“ Abnicken, hinter einem steht die nächste hibbelige Kundin, nein, die wird jetzt nicht vorgelassen, man hat schließlich einen Termin, Geburtstag feiern, und ist doch schon zu spät.

Was man denn vom Brexit halten würde, will der Verkäufer wissen und zwirbelt seinen Bart. Leicht verquält will man gerade antworten, da kommt er einem zuvor: „Hätte die Wahl auch online stattgefunden, wären die Briten noch drin in der EU. Ist doch letztes Jahrhundert ohne Online. Die jungen Leute hatten doch gar keine Zeit, wählen zu gehen. Die mussten alle arbeiten.“

Man zahlt 10,70 Euro und feiert wenig später offline einen Geburtstag. Harriet Wolff