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Verlag gegen JournalistenverbandZoff um Branchenblatt

Der Verlag Rommerskirchen verklagt den DJV. Es geht um den „Journalist“. Der Streit um das Magazin tobt schon seit Monaten.

Wie dick muss ein Fachmagazin sein, damit es ernstgenommen wird? Foto: dpa

Im Grunde geht es um die Frage, wie viele Seiten es braucht, um aus einem Mitgliederheft ein Fachmagazin zu machen. 36 sind für das Blatt Journalist offenbar zu wenig. Seit Monaten gibt es über das Medienmagazin Streit zwischen dem Deutschen Journalistenverband (DJV) als Herausgeber und dem Verleger Thomas Rommerskirchen. Seit 49 Jahren produziert dessen Verlag aus Remagen den Journalisten als Mitgliederzeitschrift für den DJV. Rund 36.000 DJV-Mitglieder erhalten das Heft jeden Monat. Doch im Juli hat der DJV den Vertrag vorzeitig gekündigt. Der Verlag hat daraufhin Widerspruch eingelegt, die gesamte Redaktion gekündigt und klagt nun offenbar vor dem Landgericht Bonn auf Schadenersatz. Beide Seiten werfen sich gegenseitig Vertragsbruch vor. Was war geschehen?

Der Streit ist undurchsichtig. Ernst wurde die Auseinandersetzung im März. Die Märzausgabe umfasste 36 Seiten, halb so viele wie im Monat zuvor. Viel zu wenig, sagt der DJV. Eine Reaktion auf sinkende Anzeigeneinnahmen, erwidert der Verlag. Rund 13 Prozent Auflage hat der Journalistin den letzten Jahren eingebüßt.

Die Journalist-Redaktion besteht aus vier Personen, die viel mit freien Autoren zusammenarbeiten. Der Produktionsaufwand für das Magazin dürfte so, verglichen mit anderen Titeln, eher gering sein. Wieso also der radikale Einschnitt? Die Entwicklung reicht weiter zurück. „Wir reden mit dem DJV konkret seit Ende 2014 über die Zukunftsmodelle des Magazins“, sagt Rommerskirchen. „In der Diskussion waren Doppelnummern, Digitalkonzepte, und auch der Umfang des Magazins stand zur Debatte.“ Aus Sicht des DJV verliefen diese Gespräche jedoch anders.

„Herr Rom­mers­kir­chen ist in der Tat vorstellig geworden“, sagt DJV-Sprecher Hendrik Zörner. „Er hat gesagt, er wolle den Heftumfang reduzieren. Wir haben das abgelehnt.“ Eigenmächtig sei dann den Heftumfang reduziert und damit der Vertrag gebrochen worden. Die beiden Parteien konnten sich nicht einigen, wie viele Seiten angemessen und wirtschaftlich vertretbar sind. „Schließlich haben wir die Konsequenz gezogen und den Vertrag zum 30. September gekündigt“, sagt Zörner.

Redaktion vorläufig entlassen

Rommerskirchen erkennt die Kündigung aber nicht an, weil der DJV selbst den Vertrag gebrochen habe, indem er sich öffentlich geäußert habe. „Der DJV hat in seiner Mitteilung vom März für Wirbel gesorgt, mit der Folge, dass Anzeigenaufträge für den Journalist storniert worden sind“, sagt Rommerskirchen. „Wir haben mit dem DJV ausgefeilte Vertragsvereinbarungen, wie wir auf Anfragen reagieren – und zwar nur gemeinsam.“ Die Folge: Ende Juli verkündet der Verlag Rommerskirchen die Entlassung des vierköpfigen Redaktionsteams und erklärt: „Wenn der DJV eine tragfähige Basis gefunden hat, um den entstandenen Schaden zu kompensieren und die Zukunft des Journalist im Verlag seriös zu sichern, wird der Verlag Rommerskirchen die Kündigungen zurücknehmen“.

Klingt nach Erpressung – „Rechtspraxis“, nennt es der Verleger. Diese Woche wurde nun bekannt, dass Rommerskirchen den DJV auf Schadenersatz verklagen will. Medienberichten zufolge liegt die Summe im Millionenbereich. Genaueres zu der Klage will der Verleger auf Anfrage nicht erklären. Auch der DJV sagt dazu nichts, denn dort liege die Klage noch nicht vor, so Hendrik Zörner.

Die einzigen öffentlichen Aussagen von Chefredakteur Matthias Daniel finden sich im Magazin selbst. In den Editorials der Ausgaben seit März bezieht er vorsichtig Stellung, bittet um Verständnis für „diese unbefriedigende Situation“. Während sich Verlag und Verband also gegenseitig beschuldigen, sind die Leidtragenden die Redakteure, die indes weiter an der Septemberausgabe arbeiten.

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