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Unterm Strich

Mehr als vierzig Jahre ist es her, dass Andrew Lloyd Webber die Popstar-Qualität von Jesus erkannte und sein Musical „Jesus Christ Superstar“ schrieb. Wir wissen nicht, ob der Essener Pfarrer Steffen Hunder das jemals gesehen hat. Jedenfalls ini­tiierte er, dass die Kreuzeskirche in Essen Fensterbilder bekam, auf denen Jesus wie ein gut gelaunter Popstar aussieht, umgeben von charmant bebrillten Engeln und knallbunten Menschen im Comikstil. Petrus und seine Gefährten sind mit modischem Vollbart und stylischen Nerdbrillen beim Fischfang zu beobachten. Dazwischen freche Vögel, Blumen, Sterne, und alles umrahmt von einer knallroten Herzchenborte wie aus dem Poe­siealbum in Kindertagen.

Diese farbenfrohe Welt stammt von dem New Yorker Pop-Art-Künstlers James Rizzi. Vor seinem plötzlichen Tod 2011 entwarf er die beiden Kirchenfenster für Essen – die weltweit einzigen Rizzi-Fenster. International ist der 1950 geborene Rizzi vor allem für seine expressiv-bunten Bilder, als Erfinder der modernen 3-D-Grafik und für die Gestaltung ungewöhnlicher Objekte bekannt: Spielzeug, Straßenbahnen, Häuser und sogar eine Boeing wurden von ihm gestaltet.

Ein weites Herz für das Populäre in der Kunst hat auch Ursula Lübbe, die Mitbegründerin des Verlags Bastei Lübbe, gehabt. Sie starb am vergangenen Freitag im Alter von 94 Jahren in Bergisch Gladbach bei Köln. Die gebürtige Osnabrückerin hatte in den 50er Jahren mit ihrem Mann, dem gelernten Schriftsetzer Gustav Lübbe, den winzigen Bastei-Verlag gekauft. Dieser war benannt nach dem Bastei-Turm, einem auffälligen Gebäude aus den 20er Jahren am Kölner Rheinufer. Der Miniverlag bestand damals aus gerade einmal zwei Heftromanreihen. Das Verleger-Ehepaar arbeitete zunächst in einem fensterlosen Ein-Zimmer-Büro, packte eigenhändig Pakete, klapperte mit seinem VW Käfer die Kunden ab. Zum Durchbruch verhalf ihnen 1956 der FBI-Agent Jerry Cotton, einer der erfolgreichsten Helden der Krimi-Literatur. Mit Groschenheften wurde Bastei Lübbe groß. Später kamen aber auch internationale Bestsellerautoren wie Dan Brown und Ken Follett sowie anspruchsvolle Sachbücher dazu.

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