Berlinmusik
: Und es ist Sommer

War diese Woche weiter vorn (Seite 2) schon von Sommerhits die Rede, sollen in dieser Ausgabe auch die Sommeralben nicht zu kurz kommen. Der Ausdruck wird dabei oft mit leichter Herablassung benutzt, so als hafte dem Sommer etwas Minderwertiges an, das sich dann wie eine Krankheit auf die in seinem Namen entstandenen Alben übertragen würde.

Was meistens gar nicht stimmt. Man könnte allenfalls bemängeln, dass die Bezeichnung, als Konsumempfehlung verstanden, zum Fehlschluss verleiten könnte, die Musik sei einzig und allein in der angegebenen Jahreszeit zu hören oder entfalte nur dann ihre gewünschte Wirkung. Es kann halt auch im Winter den Wunsch nach Sommerfreuden geben.

Wenn man daher, wie der in Berlin ansässige kanadische Produzent Edward Currelly alias Eddie C, ein Album „On the Shore“ nennt und Ende August erscheinen lässt, sollte man sich nicht wundern, wenn die Platte sofort dem Sommerfach zugeschlagen wird. Musik für den Strand, was will man mehr?

Tatsächlich klingen die zwölf Tracks auf „On the Shore“ in ihrer zurückgelehnt federnden Lässigkeit, die nicht viel mehr als ein, zwei Samples zu benötigen scheint, um zielsicher einen Groove durch die Luft schweben zu lassen, dem man sich kaum entziehen kann, höchst freiluftgeeignet, nach Wellenschlag im Beat, anbrandenden Hooks. Sonne steckt da durchaus drin.

Ironie an der Sache: Eddie C hat bei dem „shore“ weniger an Südseestrände oder Ibiza als vielmehr an das etwas schroffere Ufer der Panke im Wedding gedacht, ganz bei ihm in der Nachbarschaft. An der heilsamen Wirkung der Musik ändert das nichts. Bestätigt aber die Vermutung, dass man das mit den Sommeralben nicht allzu eng sehen sollte.

Klänge in luftig-lockerer Bewegung bietet auch „Chronicles 1“ mit Archivmaterial des ebenfalls in Berlin lebenden britischen Techno-Produzenten Luke Slater, hier unter seinem Ambient-Alias The 7th Plain. Das hauseigene Label des Berghain, Ostgut Ton, eröffnet mit diesem Titel sein neues Sub­label A-Ton – für musikalische Belange, die mit A beginnen. Slater deckt mit „Ambient“ und „Archiv“ gleich zwei der möglichen Anwendungen ab. Behutsam kräuseln sich die Synthesizertöne bei ihm, strömen unaufdringlich über gischtartigen Beats in die Atmosphäre. Auch hier gilt: sommergeeignet, jedoch ohne Ausschließlichkeitsanspruch. Tim Caspar Boehme

Eddie C: „On the Shore“ (Endless Flight/Rough Trade)

The 7th Plain: „Chronicles 1“ (A-Ton/Rough Trade)