EU will Flüchtlinge zu Hause betreuen

MADRID taz ■ Unter dem Eindruck des Massenansturms von Afrikanern auf die Grenze der beiden spanischen Exklaven in Nordafrika, Ceuta und Melilla, sind gestern die Innenminister der 25 EU-Mitgliedsländer zusammengekommen, um über die Fluchtbewegungen nach Europa zu beraten. Spaniens Justizminister Juan Fernando López Aguilar forderte in Luxemburg in Vertretung seines Innenministerkollegen „eine umfassende Strategie der EU“. Neben humanitärer Hilfe sei eine Entwicklungsstrategie für Afrika nötig. Um das Flüchtlingsproblem, eines aller EU-Mittelmeeranrainer, anzugehen, seien „Zeit, Energie, Ressourcen, Geld und eine umfassende Perspektive“ vonnöten. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bekräftigte seine Idee von Aufnahmelagern in Afrika für Menschen, die nicht verfolgt würden. Sie müssten in ihre Heimat zurückgebracht werden.

Als ersten Schritt berieten die 25 zusammen mit dem UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres über regionale EU-Schutzprogramme. Die Flüchtlinge sollen so zum Verbleib in ihren Herkunftsregionen oder einem Transitland bewegt werden. In Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sollen Menschen auf der Flucht vor Ort betreut werden. Das UNHCR soll entscheiden, ob die Betroffenen in ihre Heimat zurückgebracht oder ob sie vor Ort angesiedelt werden. Nur die, die unter schlimmster Verfolgung leiden, erhalten künftig eine neue Perspektive in der EU. Erste Pilotprojekte, die von der EU-Kommission mit 50 Millionen Euro pro Jahr finanziert werden, sollen in der Ukraine und in Tansania entstehen.

Kurz davor hatten sich der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos und sein marokkanischer Kollege Mohammed Benaissa darauf geeinigt, eine euroafrikanische Ministerkonferenz zum Thema Flüchtlinge in Marokko einzuberufen. Dabei sollen Vertreter der Herkunfts-, Transit- und Zielländer „auf einander abgestimmte Mechanismen zur Behandlung der Migrationsströme“ beraten. Der Termin für die Konferenz ist offen. Zudem wurde eine Ad-hoc-Kommission zum Thema Migration eingerichtet. Unklar blieb, ob Marokko die Rücknahme weiter Flüchtlingskontingente akzeptiert hat. In jüngster Zeit setzten die marokkanische Armee und Gendarmerie immer wieder Gruppen von Flüchtlingen einfach in der Wüste aus. Moratinos vermied jedwede Kritik daran. Immerhin wurden gestern wieder hunderte Menschen aus der Wüste zurückgeholt. REINER WANDLER