Berliner Szenen
: Ausfahrt mit Rad

Packtipps per Handy

„Also, wir hätten schon die Nerven verloren“, sage ich

Ferienzeit. Beim samstäglichen Balkon-Mittagessen ­gegen 12 Uhr beobachten wir, wie die Familie von gegenüber ihr Wohn­mobil belädt. Genauer: Der Mann versucht, die Räder auf dem Fahrradträger zu befestigen. Er stellt eins drauf, dann das zweite, dann passt das dritte nicht, und er nimmt alle wieder runter. Wir sehen kurz mal rüber.

„Dauert ganz schön lange“, bemerkt mein Mann. Ich gehe Eis kaufen. Als ich zurückkomme, sitzt der Nachbar im Wagen und holt sich per Handy Packtipps. Derweil stellt die Frau die Räder hoch und wieder runter. Der Sohn hüpft laut singend auf und ab.

Mein Mann legt sich hin, er muss abends noch arbeiten. Ich spüle das Geschirr. Als ich wieder auf den Balkon komme, sitzt dort mein Mann. „Spannender hier!“, sagt er kurz. Jetzt stehen zwei Räder oben, der Sohn spielt Handy und brüllt: „Eins zu null für meine Schule, jetzt zwei zu null. Fünf zu null!!!“

„Also, wir hätten schon die Nerven verloren“, sage ich. Wir holen kaltes Mineralwasser. Seit zwei Stunden sind die jetzt dabei. Da passiert es: „Nein, ich geh jetzt nicht los und kauf Spanngurte“, schreit er. Sie brüllt zurück: „Mach das alleine, wir haben ja noch nicht mal gepackt!“ Der Sohn kreischt dazwischen.

Warum sie das Kinderrad wohl nicht reinstellen und erst mal Sachen packen? Wir trauen uns nicht zu fragen. Um 15 Uhr stellen sie das Rad ins Auto und den Wagen aus dem Halteverbot auf den freien Parkplatz vor unserem Balkon.

Gegen 16 Uhr rüttelt ein älterer Herr an den Fahrrädern. Der Nachbar kommt dazu. Der alte Herr ist sein Vater. Das Wohnmobil ist neu und hat 51.000 Euro gekostet. Sie reden sehr laut.

Nachts steht das bepackte Fahrzeug immer noch vorm Haus. Um sieben Uhr am nächsten Morgen stellt der Nachbar zwei Koffer ins Auto. Kurz darauf fahren sie los.

Kann ja nur noch besser werden, der Urlaub. Gaby Coldewey