KOMMENTAR: PETRA SCHELLEN ÜBER DAS KZ SPALDINGSTRASSE
: Gedenken nicht verstecken

Die Idee, eine solche Gedenktafel gehöre an einen Ort der Ruhe, zeugt von einem bizarren Geschichtsverständnis

Im Grunde ist es egal, auf wessen Betreiben die Gedenktafel am ehemaligen KZ Spaldingstraße verschwand. Fakt ist: Jemand hat sie ab- und eine Nacht später, auf den Aufschrei der Mopo hin, wieder anmontiert. Das zeugt von einer erfreulich prompten Reaktion auf Öffentlichkeit. Andererseits befremdet das Hin- und Hergeschiebe der Verantwortung zwischen Mieter und Vermieter; schon wird gemutmaßt, dass die Immobiliengesellschaft den Mieter vorschieben möchte.

Am absurdesten aber ist das – angeblich von Unbekannten vorgebrachte – Argument, so etwas habe es in der DDR nicht gegeben. Das klingt nicht nur wie ein schlechter Scherz, sondern offenbart eine Haltung, die exakt der realsozialistischen DDR-Ideologie entspricht. Ihr zufolge war die DDR seit 1945 faschistenfrei. Umso mehr wäre die IVG verpflichtet gewesen, dem Mieter zu sagen, dass die hiesigen Gepflogenheiten anders sind.

Schließlich zeugt die Idee, eine Gedenktafel gehöre an einen ruhigen Ort, von einem bizarren Geschichtsverständnis: Gedenken muss selbstverständlich am Ort der Taten erfolgen. Und die geschahen mitten im Alltag; von Zwangsarbeiterkolonnen auch in Hamburgs Straßen wissen Etliche zu berichten. Tafeln in Hinterhöfe zu verbannen, wäre eine fatale Fortsetzung des „Wir haben vom Nazi-Terror nichts gesehen“-Arguments. Ihm ist zum Glück Einhalt geboten worden.