Bernhard Clasen über die Vorfälle auf der Krim
: Reden will jetzt keiner mehr

Russland beschuldigt die Ukrai­ne, auf der Krim einen Terroranschlag geplant zu haben. Ukrai­nische Quellen berichten hingegen, russische Soldaten auf der Krim seien desertiert. Dabei sei es auch zu Schusswechseln gekommen, die die russische Seite vertuschen wolle, indem sie diese Vorfälle der Ukraine in die Schuhe schiebe, die angeblich einen Terroranschlag geplant habe.

Auch wenn die Vorgänge auf der Krim bislang noch völlig undurchsichtig sind – ein Opfer dürfte jetzt schon feststehen: der Minsk-Prozess.

Auf der ukrainischen Seite scheinen die Gegner der Verhandlungen von Minsk, die vor allem unter den rechtsradikalen Freiwilligenbataillonen zu finden sind, ebenfalls an Boden zu gewinnen. Die Umstände um den derzeit in Kiew geführten Prozess gegen Angehörige des Freiwilligenbataillons Tornado, denen die ukrai­nische Militärstaatsanwaltschaft Folterung und Vergewaltigung von Gefangenen vorwirft, zeigen, dass die Gegner der Minsk-Verhandlungen großen Rückhalt in der Gesellschaft haben. Regelmäßig finden vor dem Gerichtsgebäude Solidaritätsdemonstrationen mit den Angeklagten statt. Offen drohen die Angeklagten den Richtern mit Rache, sollten diese gegen sie urteilen. Zurechtgewiesen werden sie nicht.

Der weiter schwindende Glaube in die Friedensverhandlungen von Minsk zeigt sich auch an der Waffenstillstandslinie: In den letzten Wochen häufen sich die Todesfälle an der Waffenstillstandslinie im Donbass erneut. Auch die hasserfüllte Rhetorik eskaliert auf beiden Seiten. Wie also weiter?

Es scheint, als wolle sich Russland aus den von Deutschland und Frankreich komoderierten Minsk-Verhandlungen ganz zurückziehen. Und so wird es Zeit, über neue Verhandlungsformate nachzudenken. Wie auch immer diese neuen Verhandlungen konkret aussehen werden: Die Krim darf davon nicht erneut ausgeklammert werden.

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