Ja zu einer verlängerten Militärherrschaft

Thailand Mehrheit stimmt beim Referendum für umstrittenen neuen Verfassungsentwurf

Die Junta inter­pretiert das Votum wie erwartet als ­Legitimitätsbeweis

Von Nicola Glass

BERLIN taz | Das Ergebnis scheint auf den ersten Blick eindeutig zu sein, die Bedingungen waren allerdings fatal: Von 50 Millionen Stimmberechtigten haben sich nur 55 Prozent an dem Referendum über Thailands neue Verfassung beteiligt. Davon stimmten nach Auszählung von 94 Prozent der Stimmen etwa 61,4 Prozent für den umstrittenen Entwurf, 38,5 Prozent dagegen. „Wir erwarten, dass alle Seiten das Ergebnis respektieren, das unserem Land helfen wird, vorwärts zu kommen“, mahnte die Wahlkommission, noch bevor am Sonntagabend die ersten Trends veröffentlicht wurden.

Zwar erklärten die Gegner des Entwurfs, sie würden das Votum des Volkes anerkennen, allerdings nicht ohne ihre Kritik daran zu erneuern: „Ich bin traurig, dass unser Land wieder zurückgeht zu einer undemokratischen Verfassung“, so die frühere Premierministerin Yingluck Shinawatra. Yingluck war im Mai 2014 durch ein politisch motiviertes Urteil des Verfassungsgerichts entmachtet worden, wenig später stürzte das Militär den Rest ihrer Regierung. Yingluck sagte weiter, sie sei „nicht überrascht“ über das Ergebnis angesichts des Verbots eines Wahlkampfs und öffentlicher Debatten im Vorfeld der Abstimmung.

Ähnlich äußerte sich Jatu­porn Prompan, Anführer der Rothemden, die überwiegend Anhänger Yinglucks und ihres ebenfalls durch das Militär gestürzten Bruders Thaksin sind. Für die Militärs gebe es keinen Grund, stolz zu sein, ihre Gegner hätten „in diesem Krieg keine Chance gehabt zu kämpfen“.

Yinglucks Partei, die einstige Regierungspartei Puea Thai (Für Thais),die durch den Putsch vor über zwei Jahren aus dem Amt gehievt worden war, vermutet indes, dass viele Wähler sich für die umstrittene Verfassung entschieden hatten, weil sie auf baldige Parlamentswahlen hofften. Diese hatte die Junta für 2017 in Aussicht gestellt.

Doch eine Rückkehr zur Demokratie ist damit nicht in Sicht – ganz im Gegenteil. Der Tag des Referendums bedeute „die Wiederauferstehung festgeschriebener militärischer Macht“, zitierte die Bangkok Post Paul Chambers, Forschungsdirektor des Instituts für Südostasien-Angelegenheiten in Chiang Mai. Auch die Bundesregierung in Berlin äußerte sich besorgt, erklärte aber auch, sie nehme zur Kenntnis, dass sich eine deutliche Mehrheit für den Verfassungsentwurf ausgesprochen habe.

Die Junta interpretiert dieses Votum erwartungsgemäß als Legitimationsbeweis – trotz der unfairen Wahlkampfbedingungen. Und trotz der Tatsache, dass offenbar viele Wähler, die überhaupt zur Abstimmung erschienen waren, weder den Inhalt des Entwurfs kannten noch die verklausulierte Frage verstanden, ob es dem Senat erlaubt sein soll, zusammen mit den gewählten Abgeordneten den Premierminister zu bestimmen. Letzteres könnte einen ungewählten Regierungschef zur Folge haben.

Laut Verfassung wird der Senat auf fünf Jahre von der Junta ernannt und hat das Recht, sein Veto gegen Gesetze oder mögliche Verfassungsänderungen einzulegen.

Auf diese Weise würde in Zukunft jede gewählte Regierung lahmgelegt, das Parlament hätte allenfalls dekorativen Zweck. Letztlich bedeute die Wählerzustimmung zur Verfassung ein „autoritäres Regime im konstitutionellen Gewand“, umschrieben Kritiker Thailands politische Zukunft.

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