Siegreiche Schlümpfe

ZIVILGESELLSCHAFT Der rechtsextreme „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf ist ausgefallen – kein Verdienst des Staates, sondern engagierter Bürger

Eigentlich kamen sie am ersten Augustwochenende. Dieses Jahr aber blieben sie fern: Weder Anhänger der NPD noch der „Freien Kameradschaften“ trafen sich am Wochenende im niedersächsischen Bad Nenndorf. Auf der Straße zum „Wincklerbad“ feierte stattdessen das Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ ein Fest. „Wir sind sehr froh“, sagt Jürgen Uebel vom Bündnis.

Erstmals seit zehn Jahren wurden da also keine „Verbrechen der Alliierten“ angeprangert: Im Wincklerbad hatten die Briten nach dem Krieg deutsche Kriegsgefangene verhört – auch gefoltert. Das ist bekannt, lieferte den Nazis aber immer wieder einen Anlass für ihre „Trauer“.

Seit 2006 waren die 850 Meter zwischen Bahnhof und Bad einmal im Jahr eine umkämpfte Strecke. Mehrfach setzte die Polizeiaufgebot den Marsch von bis zu 1.000 Teilnehmern durch. Die Gegner versuchten schon die Anreise der rechten „Trauergäste“ zu verhindern oder sie nicht vorankommen zu lassen. Anwohner und Mitglieder etwa der Sportvereine feierten mehrfach entlang der Marschroute – mit Konfetti, Luftballons und lauter Partymusik. Die Reden der Rechten übertönte dann „Das Lied der Schlümpfe“.

Dieser Protest zeigte Wirkung, da ist sich Jürgen Uebel sicher. Waren im vergangenen Jahr nur noch 180 Rechtsextreme da, erfolgte in diesem Jahr nun vor fünf Tagen die offizielle Absage des „Trauermarsches“. „Den Neonazis ist es in den Jahren nicht gelungen, vor Ort sich zu etablieren, eine Zelle entstehen zu lassen“, sagt Uebel. Allerdings: Noch bis 2013 wurde der Marsch angemeldet – und „den Neonazis ist viel zuzutrauen“.

Bis zu dem Erfolg war es auch ein langer Weg, so hatte die Stadt lange versucht, das rechte Event einfach zu ignorieren. Auch an Diffamierung und Kriminalisierung des Protests durch staatliche Stellen erinnert sich Uebel – und an gezielte Anschläge.

„Es ist kein Verdienst von Gerichten, es ist kein Verdienst der Polizei“, sagte jetzt Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt (CDU. „Es ist den Bad Nenndorfern zu verdanken, die auf die Straße gegangen sind.“ Uebel ergänzt: Ohne die Unterstützung aus dem Umland wäre es nicht möglich gewesen. Und schließlich gelang dort etwas Seltenes: Das Bündnis konnte alle antifaschistischen Strömungen vereinen. „Wir haben uns von keiner Blockadeaktion distanziert, uns nie spalten lassen“, sagt Uebel – und geht weiter feiern. AS