SportlerInnen des Teams Refugee vor der Christusstatue im Süden Rio de Janeiros Foto: Yasuyoshi Chiba/afp

Ein Team für 65 Millionen

Olympische Spiele Sechs Männer und vier Frauen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, treten in Rio als Team Refugee an. Sie stehen stellvertretend für rund 65 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind

BERLIN taz | Dem Verdacht, die Gelegenheit für eine Art Imagekampagne zu nutzen, versuchte das Internationale Olympische Komitee (IOC) gleich vorzubeugen. Als es Anfang des Jahres bekannt gab, dass bei der Eröffnungsfeier der heute beginnenden Olympischen Spiele ein Flüchtlingsteam an prominenter Stelle – nämlich noch vor dem Gastgeber Brasilien – ins Maracanã-Stadion einlaufen wird, folgte gleich der Hinweis der schlecht beleumundeten Organisation: Seit gut 20 Jahren arbeite man schon mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen eng zusammen.

Die Nationalen Olympischen Komitees, die nach der IOC-Charta allein berechtigt sind, Sportler für die Spiele zu nominieren, wurden vom Dachverband aufgefordert, eine engere Auswahl von Athleten zu benennen, die einen von der UNO bestätigten Flüchtlingsstatus haben. Aus dem vorgeschlagenen Kreis der 43 Männer und Frauen stellte das IOC ein zehnköpfiges Team Refugee Olympic Athletes zusammen, das mit einem Budget von 2 Millionen US-Dollar ausgestattet wurde. Sie kommen aus Syrien, dem Kongo, Äthiopien und dem Südsudan und starten in der Leichtathletik, im Schwimmen und im Judo.

Es solle „die Aufmerksamkeit der Welt auf das Schicksal der 60 Millionen Flüchtlinge weltweit“ gelenkt werden, erklärte IOC-Chef Thomas Bach, und entsprechend weich wurden auch die Auswahlkriterien formuliert. „Sie sollen möglichst nah an die sportliche Qualifikationsnorm kommen“, sagte etwa IOC-Generaldirektor Pere Miro. Die syrische Schwimmerin Yusra Mardini etwa lag auf ihrer Paradestrecke über 200 Meter Freistil mit 2:11 Minuten deutlich über der Olympia-Norm des Weltverbandes (2:03). Der äthiopische Marathonläufer Yonas Kinde dagegen, der nach Luxemburg flüchtete, unterbietet die Norm von 2:19 Stunden mit 2:17,31 klar. Medaillenkandidaten gibt es aber nicht im Flüchtlingsteam. Bislang waren Sportler, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, bei internationalen Sportveranstaltungen weder für ihr Herkunftsland noch für ihre neue Heimat startberechtigt. Das Refugee Team wohnt wie alle anderen Teams in Rio im olympischen Dorf, bekommt die offizielle Olympia-Kleidung und wird unter olympischer Flagge starten. Und die Welt-Anti-Doping-Agentur ließ das IOC wissen, dass die Sportler ebenso wie alle anderen auch kontrolliert werden. Johannes Kopp

Rio.taz