Großbritannien

David Cameron meistert seine letzte Sitzung als Premierminister, Theresa May wechselt an die Spitze der Regierung

Showdown im Unterhaus

Amtsübergabe David Camerons letzte Rede ruft viel Gelächter und Zustimmung seiner Nachfolgerin Theresa May hervor. Sie wurde am Abend von der Königin offiziell zur neuen Regierungchefin ernannt

LONDON taz | Prime Minister’s Question am Mittwoch, das ist normalerweise der wöchentliche parlamentarische Showtime-Tag – jene Stunde im britischen Unterhaus mit den schlagzeilenträchtigsten Gefechten zwischen dem Pre­mier­minister und dem Oppositionführer.

An diesem Mittwoch war es jedoch eher ein Showdown. Es war das letzte Mal, dass David Cameron als Premierminister am Rednerpult im Amt des Parteiführer der konservativen Partei stand. Eigentlich hätte es einen Wettbewerb der Tory-Besten bis mindestens September geben sollen. Doch dieser war schneller beendet als erwartet, nachdem am Montag Innenministerin Theresa May als einzige Kandidaten im Rennen für die Parteispitze übrig geblieben war.

Zwischen seiner Nachfolgerin Theresa May und seinem Kanzler George Osborne stehend sowie in Anwesenheit seiner Frau und seiner Kinder, gestand David Cameron, dass sein Terminkalender bis auf ein letztes Treffen mit der Königin recht leer sei. Unter dem Gelächter des vollen Hauses wurden Cameron Vorschläge für einen nächsten Job gemacht – etwa als Moderator der Motorsportsendung „Top Gear“ oder als Trainer des englischen Fußballteams.

Oppositionsführer Jeremy Cor­byn dankte Cameron für dessen Einsatz für den ehemaligen Häftling in Guantanamo Bay, Shaaker Aamer, sowie für die Einführung der Homoehe. Gleichzeitig kritisierte er, dass während Camerons Amtszeit die Anzahl von Obdachlosen stark angestiegen sei.

Cameron sagte an die Adresse der Labour-Partei gerichtet, die gerade in einem Machtkampf um die Führungsspitze verwickelt ist, dass er Corbyn für dessen Standhaftigkeit bewundere, „ähnlich dem schwarzen Ritter in ‚Monty Python‘, der weitermacht trotz einer Fleischwunde“.

Cameron verteidigte seine Erfolge, die Senkung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung von Lehrstellen, besseren Schulen und die Einführung eines existenzsichernden Lohns. Doch als Jeremy Corbyn aus Mays Wahlprogramm zitierte, „dass viele Arbeitnehmer von Bossen ausgebeutet würden“ und auf Cameron verwies, war der Aufruhr unter den Tory-Abgeordneten groß. Sie zeigten ihrerseits auf Corbyn, der sich weigert trotz eines Misstrauensvotum der Mehrheit seiner Abgeordneten zurückzutreten.

Abgeordnete der schottischen SNP sowie aus Nordirland verwiesen mehrmals auf den Brexit. Letztere behaupteten sarkastisch, Cameron habe mehr für Schottlands Unabhängigkeit getan, als irgendjemand sonst. Auf das Verhältnis zur Europäischen Union angesprochen, empfahl Cameron Beziehungen, die so eng wie möglich sein sollten. EU-Bürgern in Großbritannien versprach er ein Bleiberecht. Doch hätte dies auch etwas mit dem Respekt gegenüber Briten in der EU zu tun.

Dann, nach einer Liebeserklärung für den Kater Larry von 10 Downing Street, der dort bleibt, verabschiedete er sich mit den Worten, dass nichts unmöglich sei, wenn man sich darauf einstelle. Und dass er einst die Zukunft gewesen sei, woraufhin im Unterhaus lang anhaltenden Applaus ausbrach.

Bei vielen Argumenten Camerons nickte Theresa May zustimmend und blickte dabei direkt in die Labour-Ränge. Es wird erwartet, dass Camerons Nachfolgerin viele Frauen in ihr neues Kabinett holen wird, wie die ehemalige Energieministerin Amber Rudd und die frühere Arbeitsministerin Priti Patel, eine vehemente Verfechterin des Brexit. Es wird außerdem erwartet, das der neuen Regierung sowie Anhänger als auch Gegner des Brexit angehören werden, um diese gespaltene konservative Partei wieder zu vereinen.

Nachdem sich Cameron von seinen Angestellten in Downing Street verabschiedet hatte, machte er einen letzten Ausflug in den Buckingham Palace, um dort offiziell zurückzutreten. Danach wurde Theresa May von der Königin zur Regierungschefin ernannt – die zweite Frau in diesem Amt seit Margaret Thatcher. Die Härte der Iron Lady wird von May vor allem gegenüber Einwanderern erwartet.

Daniel Zylbersztajn

Eine Bilanz von David Cameron als Premierminister finden Sie unter www.taz.de/cameron