Lula kommt doch vor Gericht

Brasilien Anklage gegen den Expräsidenten lautet auf Behinderung der Justiz. Verfahren gegen Rousseff verzögert sich

„Ich glaube, es gibt niemanden, der gesetzestreuer ist als ich“Ignacio Lula da Silva

BRASÍLIA afp | Im Machtkampf in Brasilien hat die suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff einen weiteren Rückschlag erlitten: Ihr Vorgänger und Verbündeter Inácio Lula da Silva muss sich wegen Behinderung der Justiz vor Gericht verantworten. Dem Expräsidenten wird vorgeworfen, die Ermittlungen zur Petrobras-Affäre behindert zu haben, wie das Justizministerium am Freitag mitteilte. Die Justiz erklärte derweil, das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff verzögere sich bis September.

Der Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras erschüttert Brasilien seit Jahren. Neben Lulas und Rousseffs Arbeiterpartei sind auch andere Parteien in die Korruptionsaffäre verwickelt. Lula wurde nach Angaben eines Ministeriumssprechers zusammen mit sechs anderen Verdächtigen angeklagt, darunter dem früheren Senator Delcídio do Amaral, der zum Hauptzeugen geworden ist.

Lula war von 2003 bis 2010 Präsident und genießt wegen umfangreicher Sozialprogramme immer noch große Beliebtheit. Er war auch maßgeblich daran beteiligt, dass Brasilien den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele bekam, die am Freitag beginnen.

Ein Sprecher Lulas sagte zu der Anklage, die Beweislage sei dünn und beruhe vorwiegend auf einer Vereinbarung der Justiz mit Delcídio. „Lula hat die Ermittlungen niemals behindert“, erklärte der Sprecher. Lula wirft Delcídio vor, die Anschuldigungen erfunden zu haben, um selbst einer harten Strafe zu entgehen. Der Präsident sagte, er glaube nicht, „dass es jemanden gibt, der gesetzestreuer ist als ich.“

Im Petrobras-Skandal wird gegen Lula auch wegen des Verdachts auf Begünstigung durch einen Baukonzern ermittelt. Als Rousseff ihren langjährigen Freund und Mentor im März zum Stabschef der Regierung ernennen wollte, schritt die Justiz ein, weil der Posten ihm Immunität verschafft hätte. Anfang Mai wurde Rousseff dann selbst vom Parlament vorläufig ihres Amts enthoben.

Ihr wird vorgeworfen, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Um sie endgültig abzusetzen, ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich. Der Präsident des obersten Gerichtshofs, Ricardo Lewandowski, veröffentlichte am Wochenende einen neuen Terminplan, wonach die endgültige Abstimmung im Senat erst Anfang September stattfinden wird.