Die Reaktionen der südlichen Sünder

MADRID taz | Spaniens Konservative waren mit dem Versprechen in den Wahlkampf gezogen, auf gar keinen Fall die Steuern zu erhöhen, sie, wenn möglich, gar zu senken. Doch nur zwei Wochen nach der Wahl ist dies Geschichte. Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos kündigte an, den Mindestsatz der Unternehmenssteuer anzuheben. 2017 will er damit6 Milliarden Euro mehr einnehmen. Das soll helfen, das Haushaltsdefizit auf 3 Prozent zu senken und so Brüssel im Defizitverfahren milde zu stimmen. Bisher beträgt der Mindestsatz der Körperschaftssteuer 25 Prozent. Manche Firmen genießen Sonderregelungen und zahlen nur 15, 10 oder 1 Prozent.

Der andere Defizitsünder, Portugal, geht anders mit den Drohgebärden aus Brüssel um als sein großer Nachbar. Ministerpräsident Antonio Costa weicht die Sparpolitik auf, erhöht den Mindestlohn, gibt den Beamten einen Teil dessen zurück, was seine konservativen Vorgänger gekürzt haben, führt die 35-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst ein und stoppt die Privatisierung der staatlichen Fluggesellschaft TAP. Von dieser Politik will der Sozialist Costa nicht abweichen.

Das zu hohe Defizit führt er auf das Konto seiner konservativen Vorgänger zurück, die vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Brüssel gern als „Musterschüler“ gepriesen wurden. Costa hält seine Sparziele bislang ein. Das zeigen die vorläufigen Zahlen aus dem ersten Halbjahr. Reiner Wandler