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der rote faden Der Gegner ist die Angst, in den verschiedenen Betriebsmodi

nächste wocheNina Apin Foto: Helene Wimmer

durch die woche mit

Robert Misik

Stockende Furcht

Wer ist eigentlich der Gegner offener, pluralistischer, freier Gesellschaften? Ist es der Rechtsradikalismus und rechte Populismus, der an allen Ecken Zulauf hat, der Ungarn und Polen schon fest in Griff hat, in Österreich und Frankreich bedrohlich stark ist, der in Donald Trump einen Präsidentschaftskandidaten hat, welcher zumindest nicht völlig chancenlos ist? Natürlich, man kann das so sehen.

Aber der wichtigste Gegner ist die Angst. Der eigentliche Gegner. Die Angst in ihren verschiedensten Betriebsmodi. Da ist einmal diese, ja, man kann stille Angst sagen, diese stockende Furcht in Gesellschaften, in denen es für viele Leute nicht mehr richtig vorwärtsgeht. Angst vor dem Absturz oder einfach auch nur Angst davor, dass alles noch schlechter wird, dass es noch schwerer werden wird, die Rechnungen zu bezahlen, dass es vielleicht nicht möglich sein wird, die Wohnung im guten Stadtteil zu halten, dass es verdammt schwierig werden wird, eine bezahlbare Wohnung für die Kinder zu finden und dass diese nur mit Ach und Krach in den Arbeitsmarkt hineinfinden werden. Das ist eine Angst, die man auch die Abwesenheit von Hoffnung nennen kann, die sich in die Knochen der Leute frisst. Sie ist Gift für pluralistische Gesellschaften.

Panik

Und dann gibt es natürlich noch die laute Angst, die brüllende Angst, die uns anschreit – täglich von den Titelblättern, stündlich aus den Sondersendungen, minütlich in den sozia­len Medien. Angst vor Terror, Unsicherheit, Amok und Shoot­outs. Axtmördern und Selbstmordattentätern. Objektiv sind unsere Gesellschaften die sichersten der Geschichte, aber subjektiv fühlen sie sich an wie Kriegsgebiete. Das geht so weit, dass unser Wunsch, gut informiert zu sein, langsam mit unserem Wunsch in Konflikt gerät, psychisch gesund zu bleiben.

Autoritäre Rechte

Je stärker die Angst, umso leichteres Spiel für AfD, FPÖ, Le Pen, Trump & Co. – das ist kein irgendwie vermittelter Zusammenhang, diese Kausalität ist brutal simpel. Eine Kausalität des kurzen Weges, gewissermaßen. Je höher die Panik, umso größer der Zulauf für die Politik der Angst. Und weil das so ist, werden Populisten die Panik immer schüren. Das ist eine banale Weisheit, die wir alle kennen. Aber wir ahnen auch: Wir, fast alle von uns, sind irgendwie ihre Komplizen. Wann immer wir gefesselt vor dem Live-Ticker sitzen, wann immer wir in den sozialen Netzwerken einen Bericht über eine Bluttat teilen, leisten wir unseren kleinen Beitrag zu dem allgemeinen Hintergrundrauschen. Wir wissen das, wissen aber auch nicht, wie man aus dieser Logik rauskäme. Sollen wir uns alle verabreden, die schlechten Nachrichten nicht mehr zu sharen? Na, das werden wir kaum durchhalten. Sollen wir uns fest vornehmen, jeden Tag eine positive oder Hoffnung machende Geschichte zu verbreiten? Nun, kaum anzunehmen, dass das allzu viele Leute allzu lange durchhalten.

Hillary Clinton

Empörungswürdige Schrecklichkeiten sind in der Aufmerksamkeitswirtschaft, in die wir alle mit verstrickt sind, kaum zu toppen. Das ist also die schlechte Nachricht: Wir werden alle zusammen weiter die autoritäre Rechte stärker machen, als sie sein müsste.

Die gute Nachricht ist: Man muss sich vor ihr auch nicht zu Tode fürchten. Gerade hat die Convention der US-Demokraten Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin nominiert. Die Umfragen, die sie gegenwärtig Kopf-an-Kopf mit Trump sehen – einzelne haben den Mann mit den gefärbten Haaren sogar vorne –, müssen noch keine allzu großen Sorgen machen. Noch sagen viele Leute, sie würden Clinton niemals wählen (etwa die eisernen Bernie-Sanders-AnhängerInnen), die im November nicht nur ihr Kreuz bei Hillary machen werden, sondern die teilweise dann sogar mit Engagement für sie Wahlkampf machen werden. Bernie Sanders hat fulminant dazu beigetragen, seine Basis hinter Hillary zu scharen.

Klar, Hillary gilt allgemein als unsympathisch. Wahrscheinlich ist das ungerecht, aber das ist nun einmal ihr öffentliches Bild. Aber die Persönlichkeits-Bausteine, die Clinton heute schaden, können auch in positive Charaktereigenschaften umgewandelt werden. Barack Obama hat in seiner Parteitagsrede schon gezeigt, wie das gehen kann. Hillary ist eine, „die niemals aufgibt“. Eine Geduldige, eine Zähe, eine, die ihre Ziele zielstrebig verfolgt. Das ist doch schön: Vielleicht ist sie keine flamboyante, begeisternde Rednerin, keine, der leicht die Herzen zufliegen, aber dafür eine, die macht- und realitätsbewusst Ziele verfolgt, und wenn sie 25 Jahre kleine Trippelschritte braucht, die sie dahin bringen. Und schon wird ein Nachteil kommunikativ zu einem gut verkaufbaren Vorteil.

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