MUSIK

MusikTim Caspar Boehmehört auf den Sound der Stadt

Gegen elektronische Musik pflegen einige ihrer Verächter das Vorurteil, da klinge doch alles gleich. In dem Fall hilft: Hören. Die Vielfalt dürfte sich als unerwartet groß herausstellen. Am Freitag etwa kann man sich in der Kantine am Berghain mit der gelungenen Kombination von elektronischen und traditionellen arabischen Klängen vertraut machen. Alif heißt das multinationale Projekt, bestehend aus dem ägyptischen Elektroniker Maurice Louca, dem aus dem Irak stammenden Oud-Spieler Khyam Allami, dem palästinensischen Sänger Tamer Abu Ghazaleh und dem Bassisten Bashar Farran und Schlagzeuger Khaled Yassine, beide aus dem Libanon, die ihr erstes Album zwischen Beirut und Kairo eingespielt haben. Ihre Musik ist treibend wie Tuarege-Wüstenrock, mit einem sehr laid back gezupften Bassfundament als Gegengewicht; die Elektronik sorgt für pychedelisch-surreale Akzente. Bei dem resultierenden flirrenden Groove muss man im Konzert nicht eigens zum Tanzen aufgefordert werden (Rüdesheimer Str. 70, 20 Uhr, 12 €).

Doch es braucht gar nicht immer elektronische Musik zu sein. Mit weniger synthetischen Klängen, dafür mit vollem Körpereinsatz gespielt wird am Samstag im Radialsystem V, wo seit Mittwoch auf dem Festival „A l'arme!“ Erkundungen im Zeichen der frei improvisierten Musik unternommen werden. Statt einfach die üblichen Verdächtigen im Free Jazz heranzukarren, kommt es diesmal verstärkt zu Begegnungen zwischen artfremden Künstlern. So auch von Free-Jazz-Urgestein Peter Brötzmann, der seine energischen Fähigkeiten am Saxofon mit den unberechenbaren Strategien US-amerikanischen Gitarristin Heather Leigh bündelt. Leigh wird dabei ihre Pedal Steel Guitar im Sitzen spielen, was ihrem Vortrag jedoch nichts von seiner Wucht nimmt. Und ja, irgendwie ist das Free Jazz, zu gleichen Teilen aber auch Free Rock oder so. Man beachte: Es kann zu Spannungsentladungen kommen (Holzmarktstr. 33, 20 Uhr, 30/25 €).

Apropos Spannungsentladungen: Was ist von einem Duo-Konzert zu erwarten, wenn die Interpreten beide Schlagzeuger sind? Viel Druck und Reaktionsschnelle, wenn die beteiligten Perkussionisten Oliver Steidle und Christian Lillinger heißen. Ebenfalls am Samstag trommeln sie im Sowieso um die Wette. Mit Langeweile ist kaum zu rechnen, mit Schweißbildung schon eher (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).

Schweiß dürfte auch eine Begleiterscheinung beim Eintagesfestival „Schwelbrand Overkill“ im Heimathafen Neukölln am Sonntag sein. Bis zur Erschöpfung spielen wollen die Musiker. Mit von der Partie: das unverzichtbare Andromeda Mega Express Orchestra (Karl-Marx-Straße 141, 13 – 24 Uhr, 24/20 €).