Das leere Viertel am Rande der Wüste

SAHARATOURISMUS Tozeur im Süden Tunesiens darbt. Die Touristen bleiben aus. Mit seiner Großstruktur frisst der Tourismus die Schönheit und die Magie der Oase

■ Kulturzentrum: Ein Tee bei Hoch el Ebbes ist immer entspannend und anregend. Rue de Kairouan. Tel.: 99 45 59 09 mindher.abbes@yahoo.fr

■ Kunst: Gleich daneben hat die Malerin Bribech Raoudha ihr Atelier. Gemälde mit traditionellen Motiven auf moderne Art gemalt. Rue de Kairouan, Tel: 98 62 96 76 raoudha.bribech@yahoo.fr

■ Museum: Im Eden Palm wird den Besuchern die Dattelwirtschaft näher gebracht. Schöne Führungen, gute Erklärung. Mit Café und einem Laden für regionale Produkte. In der Oase, täglich von 8 Uhr bis Sonnenuntergang. Tel.: 76 45 44 74 www.eden-palm.com

■ Datteln: In Tozeur gibt es die besten, günstigen Datteln direkt am Souk Rebaa. Auch leckere Fair-Trade-Datteln.

■ Zahlen: Tunesien festigt sein Comeback. Im September 2012 besuchten 62.945 deutsche Gäste das Urlaubsland – eine Steigerung von 42,9 Prozent im Vergleich zum Revolutionsjahr 2011.

VON EDITH KRESTA

An der großen Wasserstelle unter Palmen mitten in der Oase, wo früher einheimische Kinder badeten, steht heute ein kitschiger Westernpark. Das Wasser ist ohnehin fast vertrocknet. Gleich dahinter erstreckt sich der Golfplatz von Tozeur: in der Wüste und doch grün.

Tozeur, der touristische Star der tunesischen Wüstenorte, mit pompösen Großhotels, Wasser verschwendenden Pools, grünem Golfplatz am Oasenrand und gut erhaltener Altstadt hat 80 Prozent seiner Gäste eingebüßt, obwohl die Touristenzahlen im Land wieder steigen. Die Hauptgründe: Angst vor Unsicherheit in einem Land des Umbruchs, auch vor vereinzeltem Terror in der Wüste, und die Nähe zur libyschen Grenze.

Die Provinzhauptstadt des Bled el Djerid mit 40.000 Einwohnern ist neben Douz der wichtigste Fremdenverkehrsort Südtunesiens. Bekannt ist die Oase wegen ihres großen Palmenhains, der 200 Quellen und der originellen Lehmziegelbauweise. Doch die Quellen versiegen. Die Großhotels mit ihrem großen Verbrauch entziehen der Oase Wasser, viele Palmen sterben ab, die Landwirtschaft der Oase liegt teilweise brach.

Das Las Vegas der tunesischen Wüste

Der Ort, einst als Las Vegas der tunesischen Wüste konzipiert, strahlt nicht mehr. Das einzige Luxushotel mit Stil, das Dar Cherait, ist wegen Streit zwischen der Belegschaft und dem Besitzer geschlossen. Auch die großen Hotels am Oasenrand, die vor allem Ausflugsbusse aus Djerba für eine Nacht ansteuern, stehen jetzt zur Hochsaison fast leer, einige sind geschlossen.Tozeur hat sich übernommen. Wüstenwanderer und Wüstenfans, die hier auch in den Wintermonaten strahlend blauen Himmel finden, sind rar. Und die, die kommen, bleiben nur kurz.

„Wir wollen den Tourismus wiederbeleben“, sagte der tunesische Tourismusminister Elyès Fakhfakh am Rande einer Promotiontour für internationale Botschafter und Journalisten in den tunesischen Süden. „Und wir wollen zeigen, dass die Region sicher ist.“ Darüber hinaus wolle man das Angebot diversifizieren: Designhotels, kleine Pensionen, Restaurants sollen eine Alternative zum unpersönlichen Großtourismus bieten und neue Einkommensquellen eröffnen.

Zum Beispiel Chambre d’Hôtes wie das Dar Nejma in der Altstadt von Tozeur. Das alte Anwesen wurde aufwendig restauriert. Es strahlt im Glanz alter Herrlichkeit und modernstem Design: knallige Farben, schöne, alte Hochzeitstruhen, renovierte Marmorböden, geschmackvolle Bäder. Ein Geheimtipp im Privatbesitz eines französischen Arztes. Nicht weit davon entfernt, in einem typischen Innenhof der Altstadt, animiert der überschwängliche Hoch el Ebbes in seinem Kulturzentrum Gäste aus Frankreich, Japan und Deutschland. Er verkleidet sie und lässt sie zu selbst produzierter Sufimusik tanzen. Er weiß alles über das alte Tozeur, seine Sufi-Tradition und die Nachbarn. Die Revolution hat er in einer Dokumentation gewürdigt. Ein Kleinunternehmer mit Erfolg, ein Touristenspektakel mit Seele.

„Der Aufbau touristischer Infrastruktur war bislang auf die touristischen Zonen beschränkt“, sagt der Tourismusminister. „Wir müssen diese Auflagen verändern, damit kleine Hotels, Gästehäuser entstehen können. Neue Projekte, die zurzeit überall in Tunesien entwickelt werden und die wir fördern müssen.“ Ein alternativer, regionaler Tourismus soll helfen, dass auch die Einheimischen in den abgeschlagenen Regionen mehr vom Tourismus profitieren.

Das sind neue Ansätze im nachrevolutionären Tunesien, die nun immerhin diskutiert werden. Gebaut werden indes die Dinge, für die das schnelle Geld fließt. Etwa aus Katar, das mit einem weiteren Luxushotel in Tozeur seine Scheichs beglücken will. Sie kommen nach Tunesien zur Jagd auf Gazellen. Damit die Wüste lebt.