THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die Geschichte ist krass und sie ist wirklich passiert: Eine junge Frau will eigentlich Filmstar werden und wäre es vielleicht auch geworden, hätte sie in anderen Zeiten und einem anderen Land gelebt. Denn Stella Goldschlag sah aus wie eine Mischung aus Mae West, Marlene Dietrich und Barbara Stanwyck, und Talent besaß sie auch. Aber sie war in den 1940er Jahren jung und eine Jüdin in Deutschland. Als sie und ihre Eltern aus Berlin deportiert werden sollten, ließ sie sich auf einen mörderischen Handel mit der Gestapo ein, um sich und die Eltern zu retten. Sie begann, im Auftrag der Gestapo, untergetauchte Jüdinnen und Juden zu suchen und zu enttarnen, um sie in den sicheren Tod zu schicken. Als kaltblütiges, blondes Monster und Greiferin vom Kurfürstendamm ging sie in die Geschichte ein. Nach dem Krieg wurde ihr als Nazi-Kollaborateurin der Prozess gemacht, sie verbrachte Jahre im Zuchthaus und blieb nach ihrer Freilassung geächtet. 1994 nahm sie sich das Leben. Die Neuköllner Oper hat aus dieser tragischen und sehr deutschen Geschichte das Musiktheaterstück „Stella“gemacht. Peter Lund schrieb das Libretto, Wolfgang Böhmer die Musik. Ende Juni wurde das „Singspiel“ uraufgeführt und ist auch noch im Juli und August zu sehen. (Neuköllner Oper: „Stella“, Termine in dieser Woche: 21.-24.7., jeweils 20 Uhr).

Vielleicht aber sind diese verhangenen Sommertage gerade eher eine Gelegenheit, mit dem Theater 89 verwunschene Ecken in Brandenburg zu entdecken. Für seine Sommertournee hat das ansonsten in der Berliner Torstraße gelegene Theater sich zwei Einakter von Sean O’Casey ausgesucht: „Das Ende vom Anfang“ und „Gutenachtgeschichte“, einstmals von den (Ost-)Berliner Theaterlegenden Maik Hamburger und Adolf Dresden ins Deutsche gebracht. Am 22. Juli ist die Inszenierung von Hans-Joachim Frank auf der Wiese von Schloss Doberlug zu sehen, am 23. Juli ist die Gruppe weiter auf den Klosterplatz von Angermünde gereist. Das Theaterprojekt ist eine Kooperation mit der AG Städte mit historischen Stadtkernen. (Theater 89 on Tour: „Das Ende vom Anfang / Gutenachtgeschichte“, Alle Orte und Termine: www.theater89.de).

Das berühmte Spiegelzelt der Bar jeder Vernunft auf dem Parkdeck neben dem Haus der Berliner Festspiele hat in dieser Woche das Duo Prigor und Eichhorn auf dem Programm (Eigenwerbung: „Prigor singt, Benedikt Eichhorn muss begleiten“). Prigor, Thomas mit Vornamen, ist ein toll-bösartiger Musikkabarettist, der ziemlich süffige Lieder schreibt. (Bar Jeder Vernunft: „Prigor und Eichhorn scheitern – Berlin Spezial“, 21.–23. 7., jeweils 20 Uhr).