Drinnen oder irgendwo draußen

Wer Euphorie will, der muss sie machen

von Doris Akrap

Eine Fußball-EM ist ein Gesellschaftsspiel. Man verabredet sich mit ein paar Freunden in einer Kneipe, vor einem Kiosk, in einem Biergarten und guckt auf eine Leinwand.

Meistens sitzt vor einem irgendein viel zu großer Mensch, der seinen Kopf immer genau in die Richtung dreht, in die gerade der Ball fliegt. Oft scheint die Sonne auf die Leinwand und man sieht gar nichts mehr oder irgendjemand stolpert über ein Kabel und das Bild ist weg und bis es wieder da ist, hat es angefangen zu regnen.

Bei dieser EM aber war was komisch. Weniger als sonst gab es verzweifelte Anrufe kurz vor Anpfiff, wo man denn gucke. Weniger als sonst gab es Planungen mit den verschiedenen Freundeskreisen, wer wo wann vor Ort ist, um Plätze freizuhalten. Weniger als sonst gab es kombinierte Paketangebote von Grill-, Picknick-, Seeausflug mit garantierter EM-Spiel-Übertragung.

Zum einen war draußen sowieso überall Platz, weil wesentlich weniger Leute irgendwo draußen guckten und weil der Trend schon bei der WM vom zentralen Public Viewing auf Fanmeilen und in Riesenbiergärten zum dezentralen Gucken beim Kiosk um die Ecke mit Flatscreen auf dem Bierkasten ging.

Und so kam es, dass ich zum ersten Mal bei einem großen Fußballturnier auch einige Spiele zu Hause guckte. Alleine. Vor dem Laptop. Ein Spaß war es nicht. Es war okay. Aber nur deswegen, weil auch die Spiele selten ein Spaß waren, sondern höchstens okay. Hätte es Huhs und Hooligans nicht gegeben, hätte man kaum was zu reden gehabt und nicht vor die Tür gehen müssen. Beinahe wäre es sogar dazu gekommen, dass ich auch das Finale zu Hause geguckt hätte. Aber ein letztes Aufbäumen gegen die eigenartige Trägheit dieses Turniers gelang.

Was’n Glück. Es war nicht das erwartet unspektakuläre Finale eines unspektakulären Turniers. Es war ein richtiges Finale. Eines, das es so noch nie gab. Und eines, über das alle reden wollten. Und das geht immer noch am besten draußen, vor einem Kiosk.