Der Dom bleibt ohne Konkurrenz

Die Realisierung der Hochhäuser gegenüber der weltberühmten Kathedrale, die für erbitterten Streit zwischen der Stadt und der Unesco gesorgt haben, wird immer unwahrscheinlicher. Kölns OB Schramma (CDU) hat sein Plädoyer für die rechtsrheinischen Wolkenkratzer schon relativiert

Die Front der Hochhausbefürworter bröckelt. Kölns Stadtplanungsdezernent Bernd Streitberger (CDU) bereitet derzeit behutsam den Rückzug seines Chefs und Parteikollegen, des Kölner Oberbürgermeisters Fritz Schramma, von den im Stadtteil Deutz geplanten Wolkenkratzern vor. Schramma hatte sich bisher stets für den Bau der Hochhäuser ausgesprochen und war damit beim Land NRW, beim Auswärtigen Amt und bei der Unesco auf scharfe Kritik gestoßen.

Die Unesco hat mehrfach mit der Aberkennung des 1996 vergebenen Weltkulturerbe-Status für den Kölner Dom gedroht, sollte die Stadt nicht von ihren Hochhausplänen für das gegenüber liegende Rheinufer abrücken. Dort sollen insgesamt fünf Hochhäuser als Kranz um den Deutzer ICE-Bahnhof und den Eingang zur Messe gebaut werden. Eines davon, der so genannte LVR-Turm mit 103 Metern Höhe, steht bereits. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen hat den Dom 2004 auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt und der Stadtverwaltung bis zum Februar 2006 Zeit gegeben, in einem Bericht Stellung zu nehmen. Der Druck auf die Befürworter der Hochhauspläne um OB Schramma hat sich damit enorm verstärkt.

Schramma relativierte kürzlich bei einer Aktuellen Stunde im Rat, er sei „wahrlich kein Hochhausfanatiker“. Doch schließlich habe der Stadtrat den Bau der Deutzer Hochhäuser einstimmig beschlossen. Bei einer Podiumsdiskussion im Kölner Domforum Anfang dieser Woche antwortete der Beigeordnete Streitberger nun auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, dass der Rat das Planungspaket wieder komplett aufschnüre: „Das erwarte ich.“ Der Dezernent, der erst Anfang 2004 sein Amt antrat und deshalb in der seit 2003 schwelenden Debatte um die Deutzer Hochhäuser und die „Integrität des Doms“ als „unschuldig“ gilt, zeichnete einen groben Fahrplan aus der Misere: Wenn der Rat die Abkehr von den umstrittenen Hochhäusern beschließe, werde das Moratorium der Unesco für den Dom wahrscheinlich zunächst bestehen bleiben. Für 2007 rechne er dann mit einer Entscheidung. Das sei „ein Zeitpunkt, zu dem wir von der Liste der Weltkulturerbestätten in Gefahr gestrichen werden können“, so Streitberger.

Langsam scheint auch den wackersten Hochhausfans in Köln zu dämmern, dass der Streit mit der Unesco für die finanziell kaum handlungsfähige Stadt vielleicht gar keine schlechte Gelegenheit zur Besinnung ist. Die Deutsche Bahn hat sich aus der Finanzierung des für die Gesamtplanung unabdingbaren Messeeingangs zurückgezogen, der Verkauf von Büroflächen in der mehr als gesättigten Marktlage geht sehr schleppend voran. Nun mehren sich die Stimmen für eine gänzlich neue Planung – ohne Türme. SEBASTIAN SEDLMAYR