Notfall in der Klinik

Gewerkschaft ver.di bereitet für Ende Oktober Arbeitskampf an Hamburger Krankenhäusern vor. Akutversorgung der Patienten sei auch bei Streiks sichergestellt. Kritik an Marburger Bund, der Gehaltserhöhung für Ärzte erkämpfen will

Von Elke Spanner

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di plant, schon Ende Oktober mit Streiks an Hamburger Krankenhäusern zu beginnen. Kommende Woche wird eine Koordinierungsgruppe über den Arbeitskampf gegen geplante Tarifabsenkungen an Hamburgs Kliniken beraten. Das Repertoire umfasst neben kleineren Aktionen auch Warnstreiks oder Arbeitskämpfe in allen Krankenhäusern. „In der darauf folgenden Woche wird es losgehen“, kündigte Angelika Detsch an, die ver.di-Fachbereichsleiterin für Gesundheit. „Dabei gilt der Grundsatz, dass die Versorgung von Notfallpatienten sichergestellt wird.“

Dass die Klinikbeschäftigten kampfbereit sind, liest Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose schon an den zahlreichen neuen Eintritten in die Gewerkschaft ab: „Wir hatten in den vergangenen Wochen einen rasanten Mitgliederzuwachs.“ Schließlich drohe beispielsweise einer Krankenschwester eine Einkommenseinbuße von rund 700 Euro monatlich. Reinigungskräfte sollen auf rund 30 Prozent ihres Gehaltes verzichten. Um das abzuwenden, forderte Rose die Betreiber des Universitätskrankenhauses Eppendorf (UKE) und des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) erneut auf, in den Arbeitgeberverband für den öffentlichen Dienst zurückzukehren und den regulären Bundestarifvertrag auch an den Hamburger Kliniken umzusetzen. UKE und LBK hatten einen eigenen Krankenhaus-Arbeitgeberverband gegründet, um spezielle Regelungen für Klinikbeschäftigte einzuführen (taz berichtete). „Das ist Tarifflucht“, warnte Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose.

Unakzeptabel findet er dieses Vorgehen vor allem, weil bei den Verhandlungen zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in den vergangenen zwei Jahren auch eine Sonderarbeitsgruppe zur Situation in den Krankenhäusern getagt hatte. Die Forderungen der Krankenhausunternehmen, so Rose, seien aufgegriffen worden: Möglich sei im TVöD nun eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und „leistungsbezogene“ Entlohnung. Zusätzlich haben die Gewerkschaften mit den Arbeitgebern im August den „Tarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser“ abgeschlossen – dieser erlaubt es für eine Übergangsphase bis 2009, bei wirtschaftlichen Engpässen die Löhne abzusenken.

Trotz dieser Zugeständnisse haben sich die städtischen Kliniken durch den Austritt aus dem kommunalen Arbeitgeberverband der Bindung durch den Vertrag entzogen. Parallel haben sie ver.di aufgefordert, über einen Spartentarif für Krankenhäuser zu beraten. Doch „wir führen jetzt keine Verhandlungen über etwas, worüber wir gerade zum Abschluss gekommen sind“, sagte Rose. Er betonte, dass die Patienten bei Warnstreiks keinen Schaden nehmen sollen. Natürlich aber werde ein Arbeitskampf im Krankenhaus „nie ganz ohne Beeinträchtigung der Patienten“ sein.

Angesichts der drohenden Gehaltseinbußen für alle Klinikmitarbeiter findet Rose es unsolidarisch, dass die Krankenhausärzte nun eine Gehaltserhöhung um 30 Prozent verlangen – und dafür kommenden Mittwoch auch in Hamburg einen Warnstreik organisieren. „Die übrigen Beschäftigten im Krankenhaus müssen mit weiteren Lohneinbußen die Gehaltserhöhung der Ärzte bezahlen.“ Diese halten dagegen, dass selbst eine 30-prozentige Erhöhung im europäischen Vergleich noch „Peanuts“ seien. Natürlich aber, sagt auch der Assistentensprecher am UKE, Kai Zbieranek, sollte die Lohnerhöhung nicht zu Lasten des Pflegepersonals gehen.