Neuer Wahlkampf? Zum Kotzen!

Analyse Weshalb sich die Wahlanfechtung noch als Pyrrhussieg für die FPÖ und ihren Kandidaten Norbert Hofer erweisen könnte

WIEN taz | Es hatte sich schon länger abgezeichnet, dass die Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl in Österreich neu ausgetragen wird. Zu hoch hatte der Verfassungsgerichtshof in früheren richtungweisenden Gerichtsurteile die Standards gesetzt. Jetzt wird es also tatsächlich zur Wahlwiederholung kommen, irgendwann Ende September, Anfang ­Oktober.

Die Ausgangslage ist dieses Mal aber für die FPÖ keine besonders gute. Denn erstens hat der Grünen-Kandidat Alexander Van der Bellen bei der ersten Wahl gewonnen und muss also keine emotionale Aufholjagd hinlegen. Zweitens ist es zumindest gut möglich, dass die österreichischen Wählerinnen und Wähler der FPÖ die Schuld daran geben, dass sie jetzt noch einen Wahlkampf über sich ergehen lassen müssen.

Die FPÖ hat die Wahl angefochten, Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich manipuliert wurde, gibt es jedoch nicht. Die Aufhebung erfolgte allein aufgrund von formalen juristischen Beweggründen. Die FPÖ wird es also schwer haben, das Image des schlechten Verlierers loszuwerden, der sich mit Tricks des Winkeladvokaten eine zweite Chance erschlich.

Drittens und langfristig noch bedeutender: Die FPÖ hat mit ihrer Wahlanfechtung versucht, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu untergraben. Der Erfolg der Anfechtung kann sich jetzt jedoch als Pyrrhussieg für sie erweisen. Denn der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Wahl in Österreich nicht manipuliert wurde und dass das Wahlergebnis sogar dann aufgehoben wird, wenn nur juristische Formfehler im Auszählungsprozess vorliegen.

Damit ist die Strategie der FPÖ, sich als Opfer von Wahlfälschungen darzustellen, wohl für lange Zeit zusammengebrochen. Vor allem die Wahlbewegung aus der Zivilgesellschaft wird nun mit einer „Jetzt erst recht“-Stimmung für Van der Bellen Werbung machen: Mit dem Ziel, ein klareres Ergebnis einzufahren.

Das ist die positive Seite der ganzen Posse. Die negative Seite ist, dass jetzt ein mühsamer, polarisierender Wahlkampf noch einmal abgespult werden wird. Wenn es schlimm läuft also: noch einmal TV-Konfrontationen, die niemand mehr sehen kann. Alexander Van der Bellen muss sich noch einmal in emotionale Kämpferlaune bringen. Das wird nicht einfach.

Die FPÖ muss im Grunde noch mehr emotionalisieren und polarisieren, wenn sie doch noch einmal ins Spiel kommen und eine Mehrheit für Hofer zumindest möglich machen will. Nachdem die Bürgerinnen und Bürger eigentlich froh waren, dass der im Stil unterirdische Präsidentenwahlkampf endlich zu Ende ist, winkt ihnen nun ein Wahlkampf zum Kotzen.

So viel ist sicher: Das wird nicht schön. Robert Misik