Mission: Wir kriegen das hin

AfD I Die zerstrittene Führungsriege übt zur Freude der Basis mal Geschlossenheit statt Machtkämpfe. Man wolle die Partei auch künftig gemeinsam führen. Wirklich?

Nach außen pfui, doch an der Parteibasis ist Petry nach wie vor beliebt Foto: Jens Jeske

aus Kremmen Sabine am Orde

Frauke Petry betritt die Musikantenscheune im brandenburgischen Kremmen am Samstag durch einen Seiteneingang. Ihr Blick schweift durch den vollbesetzten Saal, streift kurz Alexander Gauland, schnell schaut sie weiter. Gauland, Landeschef der hiesigen AfD und Parteivize im Bund, konzentriert sich demonstrativ auf ein Gespräch. Die Parteichefin verlässt die zum Festsaal umgebaute Scheune.

Wenig später durchquert sie unter dem Applaus der Delegierten den Saal, bis sie an der Bühne bei Gauland angekommen ist. Die Frau weiß, wie man sich inszeniert. „Morgen“, sagt Petry und lächelt kühl. Gauland küsst ihr die Hand. Kameras klicken. Dann wenden sich beide voneinander ab. Hier haben sich zwei nichts mehr zu sagen.

Es ist der Landesparteitag der Brandenburger AfD, auf der Tagesordnung: Satzungsfragen und Vorstandsposten. Doch am Ende einer Woche, in der in Stuttgart der lange Streit in der Parteispitze eskalierte, steht in der Scheune im Havelland eine andere Frage im Raum: Wie geht es weiter mit der Parteiführung?

Für die AfD ist es wichtig, das rasch zu klären. Unter dem Eindruck der innerparteilichen Grabenkämpfe ist die Partei in einer Umfrage für Bild am Sonntag auf 10 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit Jahresbeginn gefallen.

Im Machtkampf an der Parteispitze steht Petry auf der einen Seite, Gauland gemeinsam mit ihrem Kochef Jörg Meuthen auf der anderen. Wer die Mehrheit in den Ländern hat, ist offen. Insofern kann Petrys Auftritt in Gaulands Landesverband als Stimmungsmesser gesehen werden.

Direkt äußert sich Petry in ihrem Grußwort zum Streit in Stuttgart nicht. „An der Diskussionskultur müssen wir noch etwas arbeiten“, sagt sie nur. Auch dürfe man den Kontakt zueinander nicht verlieren. Sie ruft die Partei zur Geschlossenheit auf und spult dann eine ihrer Standardreden ab, an deren Ende der Einzug in den Bundestag und eine mögliche Beteiligung an der nächsten Landesregierung in Brandenburg steht. Immer wieder wird Petry von Applaus und einzelnen Bravo-­Rufen unterbrochen, am Ende gibt es Standing Ovations. Feindselige Stimmung gegen die Petry? In Kremmen Fehlanzeige.

Stattdessen beschwören alle Redner einen professionellen Umgang miteinander und den Kampf für die gemeinsamen Ziele, von Petrys Gegner André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt bis zu Marcus Pretzell, ihrem Lebensgefährten aus Nordrhein-Westfalen. Allein Gauland gibt Petry in seiner Rede einen mit: „Eine Einmischung in andere Landesverbände darf es nicht geben“, ruft er.

Petry war uneingeladen nach Stuttgart gereist, Meuthen – bislang dort Fraktionschef – hatte gar versucht, ihren Auftritt im Landtag durch ein Hausverbot zu verhindern. Am Ende applaudieren die Delegierten Gauland ebenso krachend wie zuvor ­Petry.

Beifall bekommt auch Meuthen, der am Samstag beim Parteitag der AfD Rheinland-Pfalz zu Gast ist. So groß sein Ärger auch sein mag, die Zusammenarbeit mit Petry will er nicht infrage stellen: „Wir kriegen das hin.“

Am Ende ihres Besuchs in Brandenburg verliest Petry eine Erklärung, die sie im Laufe des Vormittags gemeinsam mit Meuthen verfasst hat. Man wolle auch künftig die Partei gemeinsam führen, heißt es darin. „Die Einheit der Alternative für Deutschland zu wahren, Sachpolitik im Sinne unseres Landes und seiner Bürger zu machen und diesem Auftrag persönliche und interne Belange unterzuordnen, ist uns gemeinsam wichtig“, zitiert sie. Die Delegierten klatschen erleichtert. Aber ob sie es wirklich glauben? (mit dpa)