„Merkwürdige Allianz“

STAMMTISCH Pastor Jens Motschmann referiert über das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen

■ studierte Theologie und Politikwissenschaften und war bis 2007 Pastor der Martini-Gemeinde

taz: Herr Motschmann, die Borgfelder CDU stellt sich die Frage, ob ein „Glaubenskrieg“ zwischen Islam und Christentum droht. Tut er das?

Jens Motschmann: Nein, im Gegenteil. Das ist eine Formulierung, der ich heute Abend widersprechen werde.

Das Thema ist laut CDU auch angesichts der Diskussion um einen Staatsvertrag für Muslime „brandaktuell“. Halten Sie so ein Abkommen für gefährlich oder eher förderlich?

Angesichts von über drei Millionen Muslimen in Deutschland und circa 40.000 in Bremen werden wir um eine staatliche Regelung gar nicht herumkommen. Das haben übrigens auch Roman Herzog und Wolfgang Schäuble unmissverständlich geäußert. Das Thema ist bei manchen Christen angstbesetzt. Deswegen muss man einerseits offensiv die Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen heraus arbeiten. Viele Christen kennen ihre Bibel ja gar nicht, den Koran noch weniger – da ist viel Nachhilfe nötig. Andererseits geht es darum, im Geist der Toleranz auch das Trennende deutlich zu benennen und stehen zu lassen. „Tolerare“ bedeutet ja ertragen, sogar erdulden. Das gilt für beide Seiten. Trotzdem kann man kooperativ auf dem Boden des Grundgesetzes miteinander leben.

In Borgfeld scheint man da Anderes zu befürchten.

Es gibt Ängste von verschiedensten Seiten. Es ist ist ja eine fast schon merkwürdige Allianz von Akteuren wie Ralph Giordano, Alice Schwarzer und konservativen Christen, die diesbezüglich ihre Sorgen äußern. Ein weiter Weg der Verständigung liegt vor uns, aber er ist ohne Alternative.

Interview: HB

Offener Stammtisch: Borgfelder Landstraße 11, 19 Uhr