Zerstörung, die weh tut

Gentrifizierung Die neuen Besitzer des Schanzenhofes haben nun auch dem „Kino 3001“ mit fristloser Kündigung gedroht. Protestaktion gegen Vertreibung angekündigt

Dorn im Auge der neuen Hauseigentümer: bestuhltes Klönschnack-Areal vor dem 3001-Kino Foto: Bodo Marks/dpa

von Kai von Appen

Der Kleinkrieg zwischen den neuen Eigentümern des „Schanzenhofs“ zwischen Bartels- und Schanzenstraße und Gentrifizierungs-GegnerInnen geht in eine neue Runde. Nach der Übernahme des vormaligen Hotels „Schanzenstern“ durch den Hotelier Stephan Behrmann ist nun auch das Programmkino 3001 akut gefährdet.

Mehrfach in den vergangenen drei Monaten haben die Gebrüder Maximilian und Moritz Schommartz, welche die Immobilie 2013 erwarben, mit der fristlosen Kündigung des noch bis 2021 bestehenden Mietvertrags gedroht. Dabei hatte Maximilian Schommartz gegenüber Boulevardmedien beteuert, den Vertrag mit dem Kino darüber hinaus sogar verlängern zu wollen.

Ins Visier der Hausherren geraten sind insbesondere die Aktivitäten und Verlautbarungen von Jens Meyer: Der ist einer von vier Gesellschaftern des Programmkinos, sitzt aber auch im Vorstand des Schanzenhof e. V., in dem sich die verbliebenen Mieter der Immobilie organisiert haben. In einer Abmahnung an die 3001 Kino Betriebs GmbH listet Schommartz-Anwalt Christian Abel sechs kritische Veröffentlichungen gegen die Schommartz-Brüder auf – für die Meyer in seiner Eigenschaft als Schanzenhof-Vereinsvorstand verantwortlich zeichnen soll. Dagegen sagt 3001-Mitgesellschafter Carl Schröder: „Jens kann doch seine Meinung für den Schanzenhof-Verein äußern.“

In einer zweiten und einer dritten Abmahnung verlangten die Gebrüder Schommartz vom Kino, sämtliches Mobiliar im Innenhof vor dem Kino – Stühle, Tische, Sonnensegel und Fahrradständer – abzubauen: Solche „Sondernutzung der Gemeinschaftsflächen“ für „gastronomische Zwecke“ sei „mietvertraglich nicht vereinbart“.

2006 verkaufte der CDU-Senatzur Haushaltssanierung das vormalige SPD-Vorzeigeprojekt „Schanzenhof“, das an mehrere alternativen Betriebe vermietet war – Preis: 3,5 Millionen Euro.

2013 kauften die Gebrüder Maximilian und Moritz Schommartz den Schanzenhof dann – für 8,5 Millionen Euro. Seither versuchen die Neueigentümer, die Mieten von 8,50 auf 14 Euro je Quadratmeter anzuheben.

Zum 1. April dieses Jahres übernahm der Hotelier Stephan Behrmann von den vormaligen Pächtern den „Schanzenstern“.

„Das war ein Treffpunkt für Leute aus dem Viertel, ohne etwas konsumieren zu müssen“, sagt dagegen 3001-Gesellschafter Schröder der taz. „Mietrechtlich können wir dagegen nichts machen.“ Denn vor 20 Jahren seien Vereinbarungen im Schanzenhof nun mal nicht schriftlich fixiert, sondern per Handschlag besiegelt worden. In Folge der Abmahnungen sei nun die „Flauschigkeit des Hofes“ dahin, sagt Schröder – „das ist eine Art der Zerstörung, die echt weh tut“.

Dem Hotelier Behrmann, dessen „Pyjama Park“ im Vorderhaus zur Bartelsstraße vor einer Woche teilweise eröffnete, werfen manche im Viertel vor, das Hostel und Bio-Restaurant „Schanzenstern“ in einer „feindlichen Übernahme“ ausgebootet zu haben. Das neue Restaurant im Erdgeschoss ist derzeit noch mit Spanplatten verbarrikadiert. Am Eingang ist eine Videokamera installiert worden. Ob sie in Betrieb ist, ist aber unklar.

„Wir lassen uns nicht von unserem Ziel abbringen, die Gebrüder Schommartz und Behrmann aus dem Schanzenhof zu vertreiben“, heißt es in einem Aufruf zu einer Protestaktion am morgigen Samstag vor dem Hotel. „Laut und enthusiastisch“ wolle man die neuen Gäste im Schanzenviertel „begrüßen“, heißt es in dem Flugblatt weiter – „Willkommen zu Gast bei Feinden“.