Ein echter Insider

Verdacht Ein Autobrandstifter wird Dienstagnacht auf frischer Tat ertappt. Vermutet wird ein Zusammenhang mit Aktionen für das linke Hausprojekt Rigaer94. Doch der Festgenommene ist wohl Zuträger der Behörden

Auf frischer Tat ertappt: Autobrandstifter Marcel G. bei seiner Festnahme Dienstagnacht in Lichtenberg Foto: Christian Mang

von Erik Peter

Seit der Teilräumung des linksalternativen Hausprojekts Rigaer94 reißt die Serie von Auto­brandstiftungen in Berlin nicht ab. In der Nacht auf Mittwoch meldete die Polizei jedoch ihren ersten Erfolg: Ein 26-Jähriger wurde in der Tasdorfer Straße in Lichtenberg dabei ertappt, wie er an insgesamt drei Fahrzeugen versuchte Brände zu legen – er habe die Taten sofort gestanden. Geprüft werde nun, ob er noch für weitere Brandstiftungen verantwortlich sei. Innensenator Frank Henkel (CDU) gratulierte der Polizei: „Diese Festnahme eines Tatverdächtigen ist kein Zufallstreffer, sondern das Ergebnis vorheriger Ermittlungen.“

Doch der vermeintliche Ermittlungserfolg könnte zum handfesten Skandal werden. Bilder des Festgenommenen legen die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Mann um Marcel G. handelt, einem Zuträger des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes, der in der Vergangenheit umfangreich über Berlins linksradikale Szene ausgesagt hat. Unklar ist hingegen, ob er aus eigenem Antrieb handelte oder gar als V-Mann tätig gewesen ist.

Wie veröffentlichte Vernehmungsprotokolle auf dem Portal Indymedia belegen, wurde G., damals 22 Jahre alt, im Juli 2012 nach einer Mülltonnenbrandstiftung in Hamburg festgenommen. Den Beamten präsentierte er sich als „Insider“ der Berliner linken Szene, der nun aussteigen wolle. Er berichtete über die Räumlichkeiten der Rigaer94, inklusive der zuletzt geräumten Kneipe Ka­dter­schmiede. Er beschrieb den Ort als Treffpunkt für die Planung militanter Aktionen. Eine Personengruppe, die sich regelmäßig in der Kadterschmiede treffe, bezichtigte er eines Angriffs mit Molotowcocktails auf einen Streifenwagen am Kottbusser Tor im Juni 2012. In dem Artikel heißt es: „Die mittelbaren und unmittelbaren Folgen seiner Aussage waren DNA-Entnahmen, Hausdurchsuchungen (…) sowie eine Palette an Überwachungsmaßnahme.“

Im folgenden Berliner Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2012 tauchte die Rigaer94 dann erstmalig auf, und zwar als „zentrale Institution der gewaltbereiten autonomen Szene Berlins“. Ähnliche Formulierungen finden sich seitdem jedes Jahr. Für die Gefahreneinschätzung der Rigaer94 durch die Ermittlungsbehörden ist G. damit quasi als Kronzeuge anzusehen.

In mehreren Indymedia-Artikeln wird G.s Zugehörigkeit zur linken Szene seit Langem bestritten. In einem Text der Rigaer94 heißt es, seine Wegbeschreibung in die „Kadter­schmiede“ sei „falsch“, möglich sei lediglich, dass „G. dort als Besucher war“.

In dem Text werden G.s Aussagen als „Hilferuf nach menschlicher Zuneigung“ interpretiert. Noch in jüngerer Vergangenheit präsentierte sich G. als Redner auf einer rechten Bärgida-Demons­tration.