Keine EM in Paris?
: Grüne Männchen

Rester Vivant Von Peter Unfried

Als Monsieur in die Metro steigt, findet er dort 30 Gestalten in grünen Hemden, die auf den Sitzen hüpfen und auf Englisch singen, an der Grenze zum Grölen. „Schau dir das an“, sagt er zu Madame.

Sofort holt er sein Unsmartphone raus und fotografiert die Singenden. Er ist längst nicht der Einzige, der das halbe Abteil fotografiert. „Was fotografierst du denn da eigentlich?“, fragt Madame. „Weiß ich auch nicht“, antwortet Monsieur. Er winkt einen der Hüpfsänger heran und ruft: „Wer sind Sie denn?“

Der junge Barde schaut irritiert. Das hat ihn noch keiner gefragt. Dann wedelt er mit seinem Bierbecher in Richtung des Emblems in Herzhöhe seines grünen Shirts und antwortet: „Wir sind Wales und stehen im Viertelfinale.“

Und das ist auch eine Wirklichkeit dieser Fußballeuropameisterschaft. Sie geht manchen Parisern am Arsch vorbei. Die sind dann überrascht, wenn sie ihr plötzlich begegnen. Oder halten ihre Gäste für seltsame Lebewesen, von denen man Fotos macht, um ihre Existenz beweisen zu können.

In kleineren Städten dürfte das nicht gehen, aber Paris ist so groß, dass es die Fußballherden wegschlucken kann. Einmal umsteigen, weg sind sie.

Now you see them, now you don’t. Paris ist EM-Stadt, aber gleichzeitig in weiten Teilen und Zeiten eine Stadt, in der keine Fußball-EM ist. Man kann sich daher die Überraschung vorstellen, wenn Monsieur abends im Bistro seinen Apparat rausholt und zu seinen Freunden sagt:

„Schaut euch an, was ich heute in der Metro gesehen habe.“ – „Mon Dieu, Grüne Männchen, die auf den Sitzen hüpfen?“ – „Das sind Waliser und sie stehen im Viertelfinale.“ – Mon Dieu, was hat das zu bedeuten?“ – „Mon Dieu, woher soll ich das denn wissen?“

Damit zurück zum Rugby.