Talkshow auf Facebook: Gut gemeint, mehr nicht
Der WDR streamt eine Diskussionsrunde mit Geflüchteten auf Deutsch und Persisch. Nur leider versteht man so gut wie nichts.
Was für eine schöne Idee! Der WDR streamt die Talkshow „Talk for you“, in der mit Geflohenen gesprochen wird, bilingual und live über Facebook – auf Deutsch und Persisch. So kann man sie weltweit schauen, kommentieren und aktiv mitgestalten.
Ein großartiger Beitrag zur Verständigung zwischen Geflohenen, Deutschen und Menschen, die mit dem Gedanken der Flucht spielen oder sich fragen, wie ihre Landsleute leben.
Woran das Format aber krankt, sind die Dolmetscher, die derart unverständlich übersetzen, als benutzten sie den Google-Translator. Das gilt nicht nur fürs Deutsche, sondern, wie die Kommentare belegen, auch fürs Persische.
Der Talk soll die Erfahrungen Geflüchteter wiedergeben: Stimmen die Versprechungen der Schleuser? Wie empfanden sie die Anfangszeit in Deutschland? Der Deutschen Zuschauer bekommt bestätigt: Geflüchtete haben es hierzulande nicht leicht.
Facebook zeigt nicht alle Kommentare an
Zwar müssen sie nicht um ihr Leben fürchten, fühlen sich aber nicht freier als im Heimatland. Per Skype wird ein Mann zugeschaltet, der deswegen wieder nach Afghanistan zurückgekehrt ist. Das klingt spannend. Weil man aber kaum etwas versteht, wird es bald langweilig.
Ein Problem ist auch, dass Facebook seit einiger Zeit nicht mehr selbstverständlich alle Kommentare anzeigt. Darauf hätte man hinweisen müssen, weil die Diskussionen auf Persisch sonst untergehen.
Das Schlusswort hat eine erfolgreiche Modeberaterin, die Mitte der Neunziger aus Afghanistan nach Deutschland geflohen ist – und sie klingt recht arrogant: Sie rät Flüchtlingen, positiv zu denken und nicht nur rumzusitzen.
Sie habe das alles mal durchgemacht und wisse: Alles wird gut. Wie bei ihr: „Sie schminkt Filmstars und die Nationalmannschaft“, wie die „Welt“ einmal schrieb.
Am Ende der Talkshow weiß man: Auch wenn es gut gemeint war, braucht das Konzept eine gute Übersetzung. Ohne diese hätte man das Format auch gleich sein lassen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!